Zankapfel im Südatlantik
10. März 2013"Sollen die Falklandinseln ihren momentanen politischen Status als britisches Überseegebiet behalten?" Diese Frage müssen die Einwohner des Archipels im Südatlantik jetzt (10. und 11. März 2013) in einem Referendum beantworten.
Wofür sich die etwa 3000 englischsprachigen Bürger entscheiden werden, steht so gut wie fest. Umfragen und Experten erwarten ein überwältigendes "Ja" zum Status quo, das heißt: die Falklandinseln als britisches Überseegebiet mit autonomer Regierung.
Es gebe absolut kein Interesse an grundsätzlichen Veränderungen, meint Klaus Dodds, Professor für Geopolitik an der Royal Holloway Universität in London. Das Referendum sei eine Botschaft an die internationale Gemeinschaft: "Hier sind wir, eine kleine Gemeinschaft, und wir wollen nicht von einem größeren Nachbarn schikaniert werden."
Status quo
Der große Nachbar ist Argentinien. Seit Jahren wird die Rhetorik aus Buenos Aires immer aggressiver: Erst im Januar 2013 schrieb die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner in einem offenen Brief an den britischen Premierminister David Cameron, "Großbritannien habe in einem unverhohlenen Akt des Kolonialismus des 19. Jahrhunderts Argentinien die Inseln gewaltsam entrissen" - Inseln, so die Präsidentin, die "14.000 Kilometer von London entfernt sind."
Seit 1833 wird der Archipel von Argentinien beansprucht. Das südamerikanische Land bezeichnet die Inselgruppe als "Islas Malvinas". Ihre Besetzung durch Argentinien am 2. April 1982 löste den Falklandkrieg aus, der ein viertel Jahr dauerte und mit einer Niederlage für Argentinien endete.
Die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Argentinien seien an einem Tiefpunkt, räumt Klaus Dodds ein. Es werde aber keinen zweiten Falklandkrieg geben, meint der britische Professor: Argentinien sei erstens militärisch dazu nicht in der Lage, und zweitens hielten die Argentinier es auch politisch nicht für klug, Invasionsstrategien wiederaufleben zu lassen.
"Argentinien gibt sich allerdings alle Mühe - mit Ausnahme der militärischen Option - alles zu tun, um die Briten unter Druck zu setzen, über die Souveränität der Inseln zu verhandeln."
Großbritannien, so scheint es, bleibt unbeugsam. Anders als die als "schlaff" beschriebene Haltung der damaligen Thatcher-Regierung vor der argentinischen Besetzung der "Malvinas" 1982, lässt der amtierende Premier David Cameron keinerlei Zweifel aufkommen.
Cameron sei in dieser Frage standhaft geblieben, meint Experte Dodds. "Er hat deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist, über Souveränität zu verhandeln." Man habe immer Margaret Thatcher als unbeugsame "Iron Lady" vor Augen, so der Londoner Professor, dabei sei in Wirklichkeit die Cameron-Regierung die beharrlichste der vergangenen 30 Jahre.
Laurence Allan von der Unternehmensberatung IHS Global Insight teilt Dodds Ansicht. In den vergangenen zwölf Monaten sei klar geworden, dass die britische Regierung die Initiative ergriffen habe, meint Allan. Sie habe sich "viel stärker in Lateinamerika eingebracht und versuche auf diplomatischem Weg, ihre Position bei den argentinischen Nachbarn zu stärken."
Erneute Besetzung denkbar?
Vor 30 Jahren wurde Großbritannien von seinen Verbündeten unterstützt, allen voran von den USA. Heutzutage hat die britische Regierung weniger internationalen Rückhalt für ihr "koloniales Auftreten". Die meisten Regierungen gehen beim Thema Kolonialismus auf Abstand. Und die britische Weigerung, die Inselgruppe an Argentinien zurückzugeben, ist international umstritten.
Simon Winchester war nach der Invasion 1982 einer der ersten britischen Journalisten, die direkt von den Inseln berichteten. Der Autor, der mittlerweile in den USA lebt, wurde damals wegen "Spionage" festgenommen und drei Monate von den Argentiniern festgehalten.
Wenn es heute einen Angriff auf die Falklandinseln gäbe, stünde Großbritannien vor der schweren Entscheidung gegen die Eindringlinge zu kämpfen, so Winchester im Gespräch mit der Deutschen Welle. Die Briten würden das Wohlwollen vieler Länder verspielen, nicht nur der lateinamerikanischen Staaten, sondern auch der USA.
"Zwei Großmächte, die sicherlich Besseres zu tun haben, streiten darum, und Menschen sterben, Blut wird vergossen." Die Meisten würden erkennen: Das ist verrückt, das darf nicht noch einmal geschehen. Für soetwas gibt man nicht sein Leben, so Winchester. Während des 72-tägigen Krieges 1982 starben 649 Argentinier, 255 Briten und drei Bewohner der Falklandinseln.
Dennoch würden die Briten die Falklandpolitik ihrer Regierung unterstützen, räumt Klaus Dodds ein. "Man sollte nie die Macht der Kriegserinnerungen unterschätzen", sagt der Brite. "Die Falklandveteranen und die Art, wie man in Großbritannien dieses Kriegs gedenkt, gehören einfach zum britischen Alltag." Am Volkstrauertag im November gedenke man eben nicht nur der Toten des Ersten und Zweiten Weltkriegs, auch der Falkland-Feldzug gehöre zum offiziellen britischen Kriegsgedenken.