Zahl politischer Straftaten so hoch wie noch nie
23. März 2010Auffällig ist der starke Anstieg der politisch motivierten Gewalttaten, die von den allgemeinen politischen Straftaten unterschieden werden. 2009 wurden hier etwas mehr als 3000 Delikte gezählt. Das sei ein Anstieg um rund ein Fünftel, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Dessen Ministerium veröffentlichte am Dienstag (23.03.2010) die Zahlen in Berlin. Besonders beunruhigend sei allgemein der Anstieg der Zahl der "linken" Straftaten um fast 40 Prozent auf mehr als 9000.
Insgesamt wurden aber im "rechten" Spektrum mit rund 19.000 Delikten mehr Straftaten verübt. Hier erlangte ein Fall eine traurige Berühmtheit: Der Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini, die am 1. Juli in einem Dresdener Gerichtssaal von einem Russlanddeutschen mit einem Messer angegriffen und getötet wurde. Der Täter nannte ausländerfeindliche Motive.
Polizisten vermehrt Ziele der "linken" Straftäter
Werden allein die politisch motivierten Gewalttaten - hierunter fallen Körperverletzungen und Tötungsdelikte - noch genauer aufgeschlüsselt, ergibt sich eine völlig unterschiedliche Tendenz bei "rechten" und "linken" Taten. Aus dem "rechten" Spektrum weist die Statistik einen Rückgang um fast 14 Prozent aus. Bei "linken" Tätern gab es dagegen einen Anstieg um mehr als die Hälfte. Vor allem Polizisten seien das Ziel "linker Gewaltausbrüche" gewesen, stellte der Innenminister heraus. "Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig die Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Ziels ist, strafrechtlich den Schutz von Polizeikräften gegen brutale Angriffe zu verbessern", sagte der CDU-Politiker in dem Bericht seines Ministeriums.
"Linke Milieus" in Großstädten
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, ergänzte: "Offensichtlich sind vor allem in großen Städten Schutzräume linksextremer Gewalt entstanden. Dort gibt es Milieus, die linken Gewalttätern mit Toleranz begegnen." Laut der Statistik wurden allein in Berlin von "Linksextremisten" 200 Autos angezündet.
Auch die Gewerkschaft der Polizei meldete sich zu Wort. "Die Zahlen bestätigten die leidvollen Erfahrungen unserer Kollegen im täglichen Einsatz", erkärte der stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Bernhard Witthaut. "Seit Jahren beobachten wir eine massive Zunahme und Brutalisierung der Übergriffe auf Polizeibeamte".
Keine Verharmlosung des Rechtsextremismus
Aber man kann die Zahlen auch anders lesen. Die Linkspartei warnte vor einer Verharmlosung des Rechtsextremismus. "Der Feind steht rechts", erklärte die Innenexpertin Ulla Jelpke. "Wer Neonazis und Linke in einen Topf wirft, handelt verantwortungslos." Jelpke wies auf die sogenannten "Autonomen Nationalisten" hin. Aus ihrer Sicht gehören sie zu den "gefährlichsten Totschlägern" der Nazi-Szene.
Autor: Walter Lausch (dpa, afp, rtr, KNA)
Redakteur: Martin Schrader