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Xi wirbt für Chinas friedlichen Aufstieg

Mathias Bölinger28. März 2014

Chinas Staatspräsident Xi Jinping verspricht in Berlin eine konstruktive und friedliche Rolle Chinas in der Welt. In Sachen Krim-Krise flüchtet er sich in Allgemeinheiten.

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Xi Jinping in Berlin (Foto: Getty Images)
Xi Jinping genießt den Ehrenempfang beim BundespräsidentenBild: Getty Images

Xi Jinping ist ein Präsident, der sich gern zelebriert. Anders als sein Vorgänger Hu Jintao, der eine gewisse Funktionärshaftigkeit nie ablegte, genießt Xi seine Auftritte vor Publikum. In China gibt er sich gerne volksnah und überrascht seine Landsleute damit, dass er irgendwo überraschend auftaucht und einen Plausch mit den Menschen hält. Seinen ersten Besuch in Deutschland nutzt er, um eine Grundsatzrede zu halten und um Vertrauen in Chinas Aufstieg zu werben.

"Ein wichtiger Beitrag zu Frieden und Entwicklung"

Auf Einladung der Körber-Stiftung spricht Xi am Freitagabend vor einer Reihe ausgewählter Gäste aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Sein Thema ist Chinas Rolle in der Welt, doch zunächst umschmeichelt er das deutsche Publikum. Er lobt die Bemühungen von "Europas Stabilitätsanker" Deutschland um die Überwindung der Euro-Krise, die weltweit Anerkennung erfahren hätten. Xi betont, China habe Deutschland bei seinen Bemühungen immer unterstützt. "Wenn wir uns gegenseitig ergänzen, können wir uns nicht nur gegenseitig nutzen", erklärt er. "Gemeinsam können wir auch einen wichtigen Beitrag zu Frieden und Entwicklung in der Welt leisten."

Der Begriff Frieden taucht dutzende Male auf in seiner Rede. "Das 21. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Zusammenarbeit", sagt er. Und China wolle eine konstruktive Rolle in dieser Zusammenarbeit spielen. Xis Botschaft ist klar: Chinas Aufstieg nutzt der Welt. "Es gibt Menschen, die sich wegen Chinas Größe Sorgen machen, die in China einen furchterregenden Mephisto sehen", spricht er Ängste vor Chinas wachsender Macht an. Sorgen, die er als unbegründet bezeichnet. "Chinas Antwort auf diese Sorgen ist, den Weg der friedlichen Entwicklung unbeirrt fortzusetzen." China sehe sich als verantwortlicher Partner, das seinen Teil zu einem friedlichen und stabilen Umfeld beisteuern wolle. "Wir streben nicht nach Vorherrschaft und Expansion", beteuert er. Doch angesichts verschiedener Konflikte in der Nachbarschaft betont er auch: "Wir werden unsere Souveränität, Sicherheit und unsere Interessen entschlossen verteidigen. Kein Land sollte darauf spekulieren, dass wir eine Verletzung dieser Interessen schlucken werden."

"Chinesischer Traum"

Der chinesische Präsident hat seine Amtszeit, die vor einem Jahr begann, unter das Motto des "Chinesischen Traums" vom Wiederaufstieg seiner Nation gestellt. Damit ist auch gemeint, dass China international selbstbewusster auftreten will. Diplomaten registrieren, dass die chinesische Seite ihre Forderungen seitdem klarer benennt. In der Krise mit Japan um eine seit langem umstrittene Inselgruppe trat China ziemlich forsch auf und rief einseitig eine Luftverteidigungszone aus.

Chinas Außenpolitik steht im Zentrum dieses Deutschland-Besuchs. Am Nachmittag ist Xi zu Gast im Kanzleramt. Normalerweise werden Besuche chinesischer Spitzenpolitiker in Deutschland von einer ganzen Reihe hochkarätiger Abkommen begleitet. Auch diesmal zelebrieren Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Staatspräsident Xi Jinping die Unterzeichnung verschiedener Dokumente, als sie nach ihrem einstündigen Gespräch vor die Presse treten. Beide Länder schließen ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen, beschließen die Gründung eines chinesischen Generalkonsulats in Düsseldorf. Gemeinsame Forschungszentren und Wissenschaftskooperationen sind dabei. Das wirtschaftlich wichtigste Ergebnis dieses Besuchs ist wohl eine Vereinbarung darüber, dass die Frankfurter Börse in Zukunft als einer der ersten internationalen Finanzplätze mit der chinesischen Währung Renminbi handeln dürfen soll. "Dies sind für die Zusammenarbeit beider Länder äußerst wichtige Verträge", lobt Xi Jinping.

China wird strategischer Partner

Doch im Vergleich zu dem, was bei deutsch-chinesischen Gipfeltreffen sonst vereinbart wird, ist die Ausbeute eher mager. Bei diesem Besuch soll es um die politischen Beziehungen gehen. Und das betrifft aktuell natürlich die Krim-Krise, die im Moment alle internationalen Treffen dominiert. Gerade hat die UN-Vollversammlung eine Resolution verabschiedet, in der das russische Vorgehen auf der Krim verurteilt wird.

Vorsichtige Distanz zu Russland

China, das sonst in internationalen Fragen häufig an der Seite Russlands steht, hat sich in der Abstimmung enthalten. Zwar vermeidet Xi auch jetzt Kritik an Moskau. Er betont aber, dass China sich zum "Grundprinzip der Nicht-Einmischung, der Souveränität und der territorialen Integrität" bekenne, was durchaus im Widerspruch zur russischen Lesart des Konflikts steht. China verfolge keine eigenen Interessen in der Ukraine, betont Xi. Sein Land nehme "eine offene Haltung ein zu allen Konzepten, die dazu dienen, die Lage zu beruhigen und eine Lösung herbeizuführen."

Angela Merkel erwähnt Chinas Rolle nicht explizit. Durch die Blume gibt sie aber zu verstehen, dass sie die Stimmenthaltung Chinas durchaus als Ausdruck von Distanz zu Russland wertet. "Wenn ich Russland wäre, wäre ich mit der Zahl derer, die für Russland gestimmt haben, nicht zufrieden", sagt sie. Dezente Kritik übt sie an der Menschenrechtslage in China, die sich seit Xis Amtsantritt deutlich verschlechtert hat. "Ich habe deutlich gemacht, dass die freie Meinungsäußerung ein wichtiger Bestandteil ist, um die Kreativität einer Gesellschaft voranzubringen."

Am Vormittag war Xi Jinping von Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren empfangen worden. Gauck lobte in einer Rede die wirtschaftlichen Erfolge Chinas, forderte Xi aber auch zu Verbesserungen bei den Menschenrechten auf. "Ich bin sicher: Sie werden umso mehr Erfolg haben, wenn Sie den Weg, den Sie nun einschlagen wollen, konsequent gehen", sagte er und fuhr fort: "einen Weg zu mehr Wettbewerb und zu einem Rechtssystem, in dem keiner über dem Gesetz stehen soll."