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Wohin steuert der Yuan?

Rolf Wenkel (mit rtr, dpa)12. August 2015

Rätselraten bei Anlegern und Investoren: Warum drückt die chinesische Zentralbank den Yuan nach unten? Die einen werten das als Schritt zu mehr Marktorientierung, die anderen warnen vor einem Währungskrieg.

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China Währung 100 Yuan Banknoten in Schanghai
Bild: AP

Chinas Zentralbank hat die Landeswährung Yuan am Mittwoch zum zweiten Mal hintereinander auf Talfahrt geschickt. Die chinesische Währung erreichte inzwischen den tiefsten Stand seit August 2011. Die Währungshüter sprechen von Reformen, die zu einem freien Währungsmarkt führen sollen. Experten befürchten jedoch, dass der Yuan langfristig geschwächt werden soll, um chinesische Produkte im Ausland zu verbilligen und damit die Exportwirtschaft wieder in Schwung zu bekommen.

Der chinesische Yuan wird nicht so frei wie andere Währungen gehandelt. Er ist vielmehr an den Dollar gebunden. Die Zentralbank legt arbeitstäglich einen Referenzkurs zum Dollar fest. Ausgehend von diesem Fixpunkt lässt die Zentralbank Handelsschwankungen von zwei Prozent nach oben und unten zu.

Aktien geben nach

Der Kursrückgang des Yuan schürte bei Investoren Sorgen, dass nun ein Währungskrieg beginnen könnte, der die weltweite Wirtschaft in Turbulenzen stoßen könnte. In Tokio schloss der Nikkei-Index 1,6 Prozent tiefer bei 20.392 Punkten. Insbesondere die Aktien von Stahlkonzernen und Baumaschinen-Herstellern gerieten unter Druck. In New York gaben auch Ölaktien nach, da Chinas Wirtschaft als einer der größten Energieverbraucher der Welt momentan schwächelt.

"Auch wenn es zu früh ist, um zu sagen, ob dies der Beginn einer anhaltenden Abwertung des Yuan ist, könnten nun andere Zentralbanken gezwungen sein, dem chinesischen Vorbild zu folgen, und das könnte einen Abwertungswettlauf auslösen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Analysten aus Singapur.

Chinas Exportwirtschaft hatte zuletzt kräftige Rückschläge hinnehmen müssen. Das hat Folgen für die breitere Konjunktur: Das Wirtschaftswachstum lag gerade noch bei sieben Prozent, so niedrig wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Zudem mehren sich die Anzeichen einer Konjunkturflaute. Nach einer Reihe von schwächer als erwartet ausgefallenen Indikatoren fiel zuletzt auch die Industrieproduktion enttäuschend aus. Im Juli sei das Produktionswachstum im Jahresvergleich auf 6,0 Prozent gefallen von 6,8 Prozent im Vormonat, teilte das nationale Statistikamt am Mittwoch mit. Volkswirte hatten zwar ein schwächeres Produktionswachstum erwartet, waren aber immer noch von einem Zuwachs um 6,6 Prozent zum Vorjahr ausgegangen.

Nur ein Konjunkturprogramm?

Das Verhalten der chinesischen Zentralbank wird im Westen völlig unterschiedlich bewertet. Viele Beobachter haben Verständnis dafür, dass Peking mit einer Abwertung seiner Währung versucht, den Export und damit das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln. Dagegen zeigt sich die US-Regierung sehr beunruhigt. Sie fühlte sich veranlasst, China vor einem Währungskrieg zu warnen: Eine Abkehr von einem stärker marktorientierten Devisenkurs wäre beunruhigend, verlautete am Dienstag aus dem Finanzministerium in Washington.

Die USA fordern von China schon seit Jahren, den Wechselkurs des Yuans stärker von den Marktkräften bestimmen zu lassen. Viele Kongressabgeordnete werfen der Führung in Peking vor, die Währung künstlich zu verbilligen, um Exporte zu fördern. Sinkt der Wert des Yuans, werden chinesische Produkte auf dem Weltmarkt billiger.

Mehr Marktorientierung

Völlig anders bewertet das der Internationale Währungsfonds IWF. Der nannte die Abwertung des Yuan einen "willkommenen Schritt", weil die People's Bank of China gleichzeitig einen neue Berechnungsmethode des täglichen Referenzkurses angekündigt hatte, mit der die Märkte eine größere Bedeutung bei der Bestimmung des Wechselkurses erhalten. Auch die EU-Kommission in Brüssel sprach nach dem überraschenden Politikwechsel der chinesischen Zentralbank von einer "positiven Entwicklung".

Die konservative britische Tageszeitung "Times" kommentiert die Abwertung des chinesischen Yuan so: "Die chinesischen Behörden sollten den Märkten erlauben, sich auf ihrem eigenen Niveau einzupendeln. Sie tun das bereits im Devisenhandel. China hat den Internationalen Währungsfonds gebeten, den Yuan in den Währungskorb einzubeziehen, aus dem sich die Sonderziehungsrechte zusammensetzen, die Währungseinheit des IWF. Mit der kleinen Abwertung hat Chinas Zentralbank einen Schritt zu einem mehr marktorientierten Umtauschkurs vollzogen. Der Westen sollte diesen Schritt begrüßen und nicht als Etappe eines Handelskrieges betrachten."