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Wo lohnen sich große Solarparks?

26. Juli 2021

Rechnen sich Solaranlagen nur in der Wüste oder auch in Nordeuropa? Reicht Solarstrom für energieintensive Fabriken? Und wohin mit den ganzen Solarmodulen? Einige Antworten für die Zukunft.

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Luftaufnahme des größtes Solarkraftwerks der Welt in der chinesischen Wüste der Provinz Quinghai
Das derzeit größte Solarkraftwerk der Welt steht in der chinesischen WüsteBild: dpa/picture alliance

Solarstrom (PV) ist inzwischen weltweit fast überall am günstigsten: In der Wüste von Saudi-Arabien wird er für nur einen US-Cent (0,09 Eurocent) pro Kilowattstunde (kWh) erzeugt, in Portugal für 1,4 US-Cent (1,2 Eurocent) pro kWh. Laut US-Investmentbank Lazard sanken die Erzeugungskosten zwischen 2009 und 2020 um 90 Prozent.

Wie billig ist Solarstrom?

PV-Strom aus großen Anlagen kostete 2020 im globalen Durchschnitt nur noch 3,7 US-Cent pro kWh. Zum Vergleich: Die Erzeugungskosten für Kohlestrom aus neuen Kraftwerken lag bei 11,2 US-Cent pro kWh, für Erdgas waren es 5,9 US-Cent, für Atomstrom 16,3 US-Cent, und für Windkraft 4 US-Cent pro kWh. 

"Wir werden Solarkraftwerke überall in der Welt sehen. Es ist die günstigste Energiequelle weltweit mit einzelnen Ausnahmen: An einzelnen Orten ist die Windkraft noch ein bisschen günstiger", sagt Christian Breyer, Professor für Solarökonomie an der LUT University in Finnland.

Infografik: Solar- und Windstrom sind schon heute weltweit deutlich günstiger als aus Kernkraft, Kohlekraft und Gaskraft.

Mit großen Solaranlagen an den "besten Standorten mit viel solarer Einstrahlung" liegen diese Kosten zwischen einem und zwei Cent pro Kilowattstunde, sonst sind es zwischen zwei und vier Cent pro kWh, so Solarexperte Breyer. Er und seine Kollegen rechnen damit, dass neue, effizientere Solarmodule die Kosten in Zukunft um weitere fünf bis zehn Prozent pro Jahr senken.

Solarpark Benban in der Wüste von Ägypten auf einer Fläche von 37 Quadratkilometer. Ein Mann geht neben der Anlage entlang.
Die Module im Solarpark Benban in Ägypten folgen der Sonne und erzeugen so mehr StromBild: Johannes Schmitt-Tegge/dpa/picture alliance

Wie groß sind Solarparks?

Die weltweit größten Solarparks stehen in sonnenintensiven Wüstenregionen und haben eine Leistung von 2000 bis 2200 Megawatt (MW), die meisten stehen in China, Indien und im Nahen Osten, etwa in Ägypten. Auch in den USA, Mexiko und Südeuropa gibt es Anlagen mit über 500 MW.

Ein weiterer Groß-Solarpark wird derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten gebaut, 35 Kilometer von der Hauptstadt Abu Dhabi entfernt. Der Solarpark Al Dhafra PV2 wird eine Leistung von 2000 MW haben, kostet rund eine Milliarde US-Dollar und soll ab 2022 an den nationalen Energieversorger liefern. Auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern werden dafür vier Millionen Module installiert. Weitere große Solarparks sind weltweit in Planung.

Solarpark Weesow Willmersdorf bei Berlin Luftaufnahme
Der Solarpark Weesow-Willmersdorf bei Berlin ist im Moment der größte in Deutschland Bild: EnBW/Paul Langrock

Die meisten Solaranlagen sind deutlich kleiner als die Riesenanlagen in den Wüsten. Der größte Solarpark in Deutschland (187 MW) zum Beispiel steht in Weesow bei Berlin. 465.000 Solarmodule liefern dort den Strombedarf von rund 50.000 Haushalten.

Doch auch in dichtbesiedelten Ländern sind größere Anlagen mit mehreren 1000 MW vorstellbar, zum Beispiel auf stillgelegten Braunkohletagebau-Gebieten. In den Gruben könnten PV-Parks entstehen. In Deutschland wäre laut einer Studie 470 Quadratkilometer Platz für Solar-Pontons auf den fast 500 Tagebauseen. 

Infografik Wo lohnt sich Solarkraft besonders? DE

Wo lohnt sich Solarstrom für die Industrie? 

Die Industrie braucht sehr viel Energie, in Deutschland rund die Hälfte des erzeugten Stroms. Um Kosten zu sparen setzen immer mehr Unternehmen auf Photovoltaik. Bergbauunternehmen etwa ersetzen in abgelegenen Gebieten Diesel durch PV-Strom.  Auch Chemieunternehmen, Aluminiumwerke, Autofabriken, Zementhersteller und Rechenzentren werden immer häufiger mit Solarstrom versorgt.

Ein Beispiel ist das Facebook-Rechenzentrum im Bundesstaat Tennessee im Süden der USA. Den Strom dafür liefert künftig ein Solarpark mit einer Leistung von 150 MW, davon sollen 110 MW an die Server nebenan gehen. Gebaut und betrieben wird der Park vom deutschen Stromkonzern RWE.

Und in Südspanien laufen drei Chemiewerke des Bayer-Konzerns ab 2022 mit 100 Prozent Ökostrom  aus einem 590 Megawatt Solarkraftwerk.

Sogar die sehr energieintensive Stahlindustrie orientiert sich um: Günstiger Solarstrom wird hier immer wichtiger, ebenso wie mit Solar-und Windkraft erzeugter "grüner" Wasserstoff, der für die Produktion im Hochofen gebraucht wird. Bei der Standortwahl neuer Stahlwerke kann daher auch die Sonneneinstrahlung in der Region ausschlaggebend sein.  

Solarpark an einer Goldmine in Mali
Statt Diesel: Dieser Solarpark in Mali produziert jetzt Strom für eine Goldmine in einer abgelegenen RegionBild: B2Gold

Inzwischen lohnt sich Solarstrom für die Industrie auch an weniger sonnigen Orten. Ein Beispiel: der größte Solarpark Polens in Witnica mit einer Leistung von 65 MW. Er versorgt das benachbarte Zementwerk. "Das ist der beste Beweis, dass Solarstrom - ohne jegliche Förderung - im Vergleich zu Strom aus konventionellen Energieträgern wettbewerbsfähig sein kann, selbst in einem weiter nördlich gelegenen europäischen Land wie Polen", sagt Benedikt Ortmann vom Kraftwerksbetreiber BayWa r.e.

Solarpark Witnica in Polen  Luftaufnahme
Statt Kohle: Dieser Solarpark (65 MW) in Polen versorgt ein Zementwerk Bild: BayWa r.e.

Wo ist Platz für neue große Solaranlagen?

Führende Solarforscher wie Christian Breyer rechnen damit, dass in Zukunft neue Solarkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von rund 60 Millionen MW gebraucht werden, um die Welt möglichst kostengünstig zu versorgen. Das sind 70-mal mehr als die bisher bestehenden Anlagen mit insgesamt 850.000 MW.

Die Fläche, die dann für Module gebraucht würde, entspricht 0,3 Prozent der Landflächen der Erde. "Im weltweiten Mittel muss man sich um die Verfügbarkeit der Flächen keine Sorgen machen", sagt Professor Breyer. Doch wenn die Energie möglichst nah an Städten und großen Fabriken erzeugt werden soll, seien vor allem in dicht besiedelten Regionen die Flächen knapp. 

  

Beerenplantage in den Niederlanden unter einem Glasdach mit Solarmodulen
Agri-PV in den Niederlanden: Oben wird Strom erzeugt, darunter wachsen Beeren geschützt vor Hagel und zu viel SonneBild: BayWa r.e.

Dächer und Fassaden sind eine Lösung: Mit Modulen könnten dort laut Breyer 20 Prozent des weltweiten Solarstrombedarfs erzeugt werden.

Auch die sogenannte Agri-Photovoltaik, die Solarkraft mit Landwirtschaft kombiniert, wird immer wichtiger. Dabei werden die Module auf Feldern auf Stelzen montiert, diese Solardächer lassen genügend Licht für darunter wachsende Pflanzen durch - doppelte Ernte für die Bauern.

Luftaufnahme Solarkraft-Anlagen in Cixi in China auf einem großen See.
Under den schwimmenden Modulen werden hier in Cixi in China Fische gezüchtet.

Auch Solaranlagen auf dem Wasser, sogenannte "Floating PV", werden weltweit immer häufiger gebaut. Wenn dafür nur ein Prozent der Fläche von Stauseen genutzt wird, liegt laut einer Studie der Weltbank das globale Potential von Floating PV bei 400.000 MW.

Die größten Solaranlagen auf dem Wasser wurden bislang in China, Indien, Südkorea und Taiwan gebaut. Kleinere Anlagen schwimmen schon auf Binnenseen in vielen weiteren Ländern, etwa in Israel, Indonesien oder in den Niederlanden; in Indien ist eine Floating PV Großanlage mit 1000 MW geplant.

In den Niederlanden suchen Forscher zudem nach Lösungen, um schwimmende Solaranlagen auch in der Nordsee zu installieren, um so einen Großteil des Energiebedarfs des Landes zu decken. Ob sich große offshore-Anlagen im Salzwasser und bei rauer See tatsächlich umsetzen lassen, ist noch ungewiss. Kleine schwimmende Anlagen im Meer gibt es schon, wie etwa auf den Malediven: Dort versorgen sie Urlaubsinseln mit Strom.

Thailand: Solarpark auf dem Wasser

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion