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Neuer Blick auf van Gogh

31. Juli 2008

DESY macht's möglich: Wissenschaftler des Hamburger Forschungsinstituts durchleuchteten mit einer neuen Strahlentechnik ein Van-Gogh-Bild. Zum Vorschein kam ein farbenprächtiges, detailgenaues Frauenporträt.

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Im Van-Gogh-Gemälde "Grasgrond" wurde mit einer neuen Methode ein Frauenporträt sichtbar gemacht (Quelle: AP)
Das enthüllte Frauenporträt in van Goghs Bild "Grasgrond"Bild: AP

Dass der niederländische Maler Vincent van Gogh (1853-1890) etliche seiner älteren Bilder übermalt hat, wussten die Kunsthistoriker schon lange. Experten schätzen, dass sich hinter etwa einem Drittel seiner Gemälde noch ein anderes Werk verbirgt. Doch nun ist es einem internationalen Forschungsteam in Hamburg mit einer neuen Methode gelungen, ein übermaltes Bild nicht nur in den Konturen, sogar in Farben sichtbar zu machen.

Hohe Detailgenauigkeit

Unter dem Werk "Grasgrond", das eine grüne Wiese zeigt, kam am Hamburger Forschungszentrum DESY ein Frauenporträt zu Vorschein, das in Braun- und Gelbtönen gehalten ist. Die Wissenschaftler konnten es dank einer speziellen Röntgentechnik in bisher unerreichter Detailgenauigkeit rekonstruieren.

Das Werk "Grasgrond", das der Künstler 1887 in Paris malte, gehört dem Kröller-Müller Museum im niederländischen Otterlo. Vorangegangene Forschungsarbeiten hatten bereits die schwachen Konturen eines Kopfes hinter dem Gemälde erahnen lassen. Um den Frauenkopf aber in voller Pracht sichtbar zu machen, bestrahlten die Wissenschaftler eine Gemäldeoberfläche von 17,5 mal 17,5 Zentimetern zwei Tage lang mit einem intensiven und sehr feinen Röntgenstrahl, wie die Helmholtz-Gemeinschaft am Mittwoch (30.07.2008) mitteilte. "Dieser Röntgenstrahl ist ungefähr 10.000 mal so stark wie der beim Arzt übliche und so fein wie eine Bleistiftmine", sagte Wolfgang Drube, der Projektkoordinator beim DESY. Es habe zwei Tage gedauert, um die nötigen 90.000 Bildpunkte zu gewinnen.

Quecksilber und Antimon helfen

Die Wissenschaftlerin Karen Rickers beugt sich im Forschungszentrum DESY über ein Röntgengerät (Quelle: AP)
Die Forscherin Karen Rickers bei einem DESY-ExperimentBild: AP

"Wenn man mit einem Röntgenstrahl Materie anleuchtet, leuchtet sie zurück", erklärt Drube. Diese Fluoreszenz sei für jeden einzelnen Punkt gemessen worden. Da sie charakteristisch für die jeweiligen chemischen Elemente ist, gibt sie Informationen über die einzelnen Farbpigmente.

Aus den so gewonnenen Daten errechnete ein Computer dann anschließend eine Art "Farbfoto" des Porträts, das übermalt worden war. Einen zentralen Beitrag lieferte dabei die ermittelte Verteilung der Elemente Quecksilber und Antimon, die in bestimmten Farbpigmenten enthalten sind.

Die neue Untersuchungsmethode wurde von einer Gruppe von Forschern des DESY, der Universität Antwerpen und des Kröller-Müller-Museums unter Leitung des Materialexperten und Kunsthistorikers Joris Dik von der Technischen Universität Delft geleitet.

Das Röntgengerät, das bei der Van-Gogh-Forschung half (Quelle: AP)
Das Hamburger Röntgengerät, das bei der Van-Gogh-Forschung halfBild: AP

Ein wichtiger Vorteil der eingesetzten Synchrotronstrahlung besteht darin, dass die Verfälschung des Messergebnisses durch die oberen Farbschichten geringer und die Messgeschwindigkeit hoch ist, so dass relativ große Flächen sichtbar gemacht werden können.

Wegweisende Technik

Die aktuelle Rekonstruktion dürfte Kunsthistorikern helfen, die künstlerische Entwicklung in van Goghs Werk besser zu verstehen. Die verwendete Technik sei auch für die Erforschung weiterer verborgener Bilder wegbereitend, teilte das DESY mit. Das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) ist ein mit öffentlichen Mitteln finanziertes nationales Forschungszentrum und gehört zur Helmholtz-Gemeinschaft. Schwerpunkt ist die Teilchenphysik. DESY baut und betreibt Teilchen- Beschleunigungsanlagen, die in Tunneln unter Hamburg verlaufen. (kle)