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Nothilfe

14. Mai 2009

Das Flüchtlingsdrama in Pakistan spitzt sich zu. Inwieweit gelingt es den Hilfsorganisationen vor Ort, die Not zu lindern? Darüber sprach DW-WORLD.DE mit Wolfgang Herbinger, Landesdirektor des UN-Welternährungsprogramms.

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Kinder in einem Flüchtlingslager in PakistanBild: picture alliance / landov

DW-WORLD.DE: Herr Herbinger, insgesamt sollen mittlerweile ungefähr eine Million Menschen innerhalb Pakistans auf der Flucht sein. Schon im vergangenen Jahr hatten 500.000 die Kampfgebiete verlassen. Wo kommen all diese Menschen unter?

Wolfgang Herbinger: Viele versuchen zuerst, bei befreundeten Familien oder Verwandten unterzukommen. Die meisten allerdings landen schließlich in Dörfern in der sicheren Umgebung. Dort müssen sie in der Regel Miete bezahlen. Denn die Familien, bei denen die Flüchtlinge dann wohnen, sind selbst auch arm. Der Anteil derjenigen, die es vorziehen, in Flüchtlingscamps zu ziehen, liegt dagegen weit niedriger - bei weniger als 20 Prozent.

In den Camps haben die Vereinten Nationen gerade die Nahrungsmittelhilfe ausgeweitet. Gibt es denn genug internationale Hilfe, um alle Flüchtlinge zu versorgen?

Glücklicherweise haben wir es geschafft, auch die Menschen in den Dörfern zu erreichen. Das ist ziemlich schwierig. In den Lagern ist es deutlich einfacher, dort konnten wir wirklich alle versorgen. Aber auch auf den Dörfern ist es gelungen, vielen zu helfen. Und glücklicherweise haben wir für die nächsten zwei Monate genug Unterstützung, um diesen Ansatz weiter zu verfolgen. Wenn wir sämtliche Ressourcen bündeln, können wir sicherstellen, dass jede Flüchtlingsfamilie Unterstützung bekommt. Allerdings sind wir darauf angewiesen, regelmäßig neue Unterstützungszusagen zu bekommen, sonst können wir unsere Arbeit vor Ort nicht dauerhaft fortsetzen.

Wie geht die pakistanische Regierung mit der drängenden Flüchtlingsproblematik um?

Die Regierung strengt sich schon ziemlich an. So haben wir - das Welternährungsprogramm der UN - beispielsweise von Regierungsseite Nahrungsmittel für die Flüchtlinge erhalten. Die Bemühungen sind deutlich erkennbar.

Der Kampf gegen die Aufständischen wird sicher nicht so schnell zu Ende gehen - was bedeutet, dass die Flüchtlinge auch mittelfristig eine Perspektive brauchen. Wie könnte diese Perspektive aussehen?

Es gibt regionale Unterschiede. Einige Flüchtlingen können schon jetzt oder in den kommenden Wochen in ihre Heimat zurückkehren; wenn in ihren Gebieten die Taliban vertrieben wurden oder sich zurückgezogen haben. Ganz anders sieht es dagegen im Swat-Tal aus, dort könnte sich die angespannte Situation noch ziemlich lange hinziehen. Die Flüchtlinge von dort müssen sich auf eine längere Wartezeit einstellen.

Und die Hilfsorganisationen müssen sich damit dann auch auf eine längere Unterstützung einstellen.

Das ist richtig. Die verschiedenen UN-Institutionen versuchen deshalb auch, die Flüchtlinge in den Lagern und Dörfern durch kapazitätsbildende Maßnahmen zu unterstützen, zum Beispiel durch Schulen oder Gesundheitsfürsorge. Die Menschen sollen etwas mitnehmen können, wenn sie einmal nach Hause zurückkehren können. Aber ansonsten kann man momentan wenig tun, außer Nothilfe zu leisten.

Wolfgang Herbinger ist Landesdirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen in Pakistan.

Das Interview führte Nicola Reyk
Redaktion: Esther Broders