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"Wir haben ein echtes Hoverboard"

Carla Bleiker21. Oktober 2015

Oliver de Haas ist eigentlich kein Science Fiction-Fan. Aber der Auftrag, ein Hoverboard zu bauen, hat selbst ihn begeistert. Der DW verrät er, wie das schwebende Skateboard namens "Slide" funktioniert.

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Lexus Hoverboard (Foto: Lexus International/Laurent Burst).
Bild: Lexus International/Laurent Burst

DW: Herr de Haas, Lexus präsentiert in einem Werbefilm ein echtes Hoverboard, wie man es aus dem Film "Zurück in die Zukunft II" kennt. In dem Video schweben die Skater mit dem Hoverboard über einen Parkour und über Wasser. Ihre Firma Evico war an der Entstehung dieses schwebenden Skateboards beteiligt. Wie kam es dazu?

Oliver de Haas: Lexus hatte die Idee, das Hoverboard zu bauen und war für diese Idee auf der Suche nach Technologie-Partnern. Sie hatten zuerst mit einem amerikanischen Unternehmen zusammengearbeitet, das sich auf elektrodynamisches Schweben konzentriert. Das hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Daraufhin hat das US-Unternehmen Kontakt zu uns aufgenommen. Vermutlich haben sie uns wegen unserer bisherigen Arbeit im Bereich der Magnetschwebetechnik gefunden - wir haben seit 2009 eine Supratrans-Teststrecke für ein schwebendes Fahrzeug. Das ist ziemlich öffentlichkeitswirksam.

Dann haben wir erste Tests zusammen mit dem Lexus-Team gemacht. Die waren sehr vielversprechend. Lexus war sofort überzeugt, dass unsere Technologie die sein könnte, mit der das Board schweben würde. Das ist schon fast anderthalb Jahre her.

Oliver de Haas (Foto: Lexus International/Laurent Burst).
Physiker Oliver de HaasBild: Lexus International/Laurent Burst

Wie ging es dann weiter?

Wir waren am Anfang nicht überzeugt über die wirklich verrückten Vorstellungen, die das Lexus-Team für die Dramaturgie ihres Werbefilms hatte. Sie wollten viele verschiedene Stunts - springen mit dem Board! - also lauter Sachen, bei denen wir als Techniker uns die Haare raufen, weil wir Angst um unsere empfindlichen Komponenten haben.

Aber Lexus hat professionelle Skater geschickt, die uns gezeigt haben, was doch alles geht: Wir haben die Anlaufstrecke für die Sprünge verlängert und steiler gemacht, es wurde immer verrückter und es ging immer mehr. Wir waren völlig begeistert darüber, was unsere Technologie - die wir meinten zu kennen - noch alles kann.

Wie funktioniert das Hoverboard? Wie schwebt es?

Wichtig sind die Supraleiter im Hoverboard. Supraleiter sind ein Material, welches bei sehr, sehr tiefen Temperaturen keinen elektrischen Widerstand mehr hat. Mit tiefen Temperaturen meine ich -200 Grad Celsius und darunter.

Sie stoßen Materialien mit Magnetfeldern dann ab. Wir brauchen also ein Magnetfeld, um schweben zu können. Dieses Magnetfeld wird von einer magnetischen Schiene - die in Lexus' speziellem Hoverboard-Skatepark in Barcelona unter der Oberfläche verlegt wurde - erzeugt. Die reine Abstoßung würde aber noch nicht dazu führen, dass wir stabil über der Schiene schweben können.

Wir haben also das Board - mit den noch nicht erkalteten Supraleitern drin - genommen, und in einem bestimmten Abstand über der Magnetschiene platziert. Dann passiert folgendes: Das Magnetfeld, das von der Schiene bereitgestellt wird, durchdringt die Supraleiter, die im warmen Zustand noch nicht ihre abstoßende Wirkung haben. Erst dann werden die Supraleiter gekühlt und gehen damit in den "abstoßenden" supraleitenden Zustand über. Das Magnetfeld wird jetzt aber nicht mehr verdrängt, sondern sozusagen in dem Supraleiter eingefroren. Wenn ich jetzt versuche, das Hoverboard aus seiner originalen Position heraus zu verschieben, dann würde ich das Magnetfeld verbiegen. Das nennen wir einen energetisch ungünstigen Zustand.

Und das heißt im Klartext?

Das heißt, das Board will immer wieder in die Position zurück, die es innehatte, als der Supraleiter vom warmen zum kalten Zustand übergegangen ist. Das Abkühlen programmiert den Supraleiter auf genau die Position, in der er zu dem Zeitpunkt war. Wenn man dann den Abstandshalter wegnimmt, fängt das Board an zu schweben. Es will in keine andere Richtung - weder näher an die Schiene ran, noch weiter weg, noch seitlich raus.

In "Fahrtrichtung" - also entlang der Schiene - ist das Magnetfeld allerdings konstant. Das heißt, dort ist eine Verschiebung völlig widerstands- und reibungsfrei möglich. Und so "schweben" dann die Skater auf unserem Hoverboard!

Hatten Sie "Zurück in die Zukunft II" gesehen, bevor Lexus an Sie herantrat, um ein Hoverboard zu bauen? War das ein Motivationsfaktor für Sie?

Ich habe die Trilogie natürlich gesehen. Aber ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich danach absolut inspiriert von der Idee des Hoverboards war. Aber als ich von Lexus auf die Idee gebracht wurde, kam das natürlich wieder hoch - da war ich schon begeistert.

Interessant dabei finde ich, dass gerade in der Diskussion im Internet unser Hoverboard an dem aus dem Film gemessen wird. Das ist etwas ungerecht, weil dieses Hoverboard bei der Filmproduktion an Drähten an irgendeinem Kran gehangen hat und so Dinge tun konnte, die aus heutiger Sicht physikalisch völlig unmöglich sind. Wir dagegen zeigen was in naher Zukunft realistisch machbar ist. Unser Board ist ein echtes Hoverboard, auch wenn es nicht genau die gleichen Eigenschaften hat wie das Science Fiction-Exemplar aus dem Film.

Lexus Hoverboard (Foto: Lexus International/Laurent Burst).
"Slide" ist mit 11,5 Kilogramm kein Leichtgewicht. Aber es schwebt - auch mit Skater!Bild: Lexus International/Laurent Burst

99,9 Prozent der Menschen, die das Video aus dem Skatepark in Barcelona gesehen haben, fragen sich jetzt vermutlich: Wie geht es weiter - haben wir irgendwann die Möglichkeit, uns ein Hoverboard zu kaufen?

Aus Lexus' Sicht war das ein einmaliges Projekt und es gibt keine weiteren Schritte. Auch Evico hat keine Pläne, daraus ein Produkt zu machen. Natürlich ist es prinzipiell denkbar, aber wirklich erschwinglich ist es nicht. Die Voraussetzung ist nämlich ein Stück Magnetschiene, das man im Boden verlegt. Schon das ist nicht wirklich bezahlbar für einen Privathaushalt. Und dann käme noch das Board dazu, mit den aufwendigen Materialien, die da drin sind. Deswegen wird es in absehbarer Zeit kein Hoverboard für den breiten Markt geben.

Oliver de Haas ist Physiker und Geschäftsführer der Firma Evico, die in Dresden einen Teststrecke für ein Supraleiter Fahrzeug, beziehungsweise eine Magnetschwebebahn, betreibt und zu diesem Thema forscht.

Das Interview führte Carla Bleiker.