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Prokon wird zu Genossenschaft

2. Juli 2015

Im Vorfeld war bereits viel darüber gemunkelt worden, nun ist es offiziell: Die insolvente Windenergie-Firma Prokon wird als genossenschaftliches Unternehmen weiter existieren. Dies entschieden die Gläubiger

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Prokon-Werbung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zu Tausenden waren Prokon-Anteileigner und -Gläubiger trotz heißesten Sommerwetters in die Hamburger Messehalle gekommen, um über die Zukunft der insolventen Windenergie-Firma Prokon zu entscheiden. Dort stimmten sie gegen ein 550 Millionen Euro schweres Kaufangebot des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW und für die Umwandlung von Prokon in eine Genossenschaft. Die Anteilseigner verlieren damit voraussichtlich mehr als 40 Prozent ihres angelegten Geldes.

Genügend Schwellenkapital erreicht

Schon im Vorfeld war berichtet worden, dass sich genügend Prokon-Anleger gefunden hatten, die ihr Kapital in eine Genossenschaft einbringen wollten und damit die notwendige Schwelle von 660 Millionen überschritten war.

Allerdings muss das Genossenschaftsmodell von allen Gläubigergruppen sowohl nach Köpfen als auch nach Gläubigeranspruch eine Mehrheit erreichen. Doch auch wenn einzelne Gruppen nicht zustimmen, kann das Modell trotzdem noch angenommen werden, wenn die Gläubiger dadurch nicht schlechter gestellt werden.

Prokon - überschuldet und zahlungsunfähig

Insgesamt hat das Windenergie-Unternehmen rund 100.000 Gläubiger. Neben den etwa 75.000 Anlegern, die über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro in der Firma aus Itzehoe in Schleswig-Holstein angelegt hatten, konnten auch Banken, Lieferanten, Stromkunden und andere Gruppen ihr Votum abgeben.

Gegen Prokon war 2014 wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Unternehmen hatte sich mit hochverzinslichen Genussscheinen finanziert und konnte die Papiere nicht mehr zurücknehmen. Mehrfach stand der Verdacht im Raum, der Windenergie-Park-Betreiber habe seine Unternehmungen durch ein unlauteres Schneeball-System finanziert.

Verdacht der Insolvenzverschleppung

Prokon-Gründer Carsten Rodbertus musste das Unternehmen nach Konflikten mit Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin verlassen. Gegen Rodbertus ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung.

Prokon -Gläubigerversammlung in Hamburg (Foto: dpa)
Tausende Genussschein-Inhaber und andere Prokon-Gläubiger entschieden in Hamburg über die Zukunft der FirmaBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Genussscheine, mit denen sich Prokon finanziert hatte, sind Wertpapiere, die eine Sonderstellung zwischen Aktien und Anleihen haben. Im Gegenzug für die erworbenen Genussrechte erhalten die Käufer der Genussrechte regelmäßige Zinszahlungen. Im Unterschied zu Anleihen können diese Zahlungen aber auch gestrichen oder verschoben werden, wenn kein Gewinn anfällt.

Riskante Wertpapiere

Im Gegensatz zum Aktienbesitzer hat der Inhaber von Genussscheinen kein Mitspracherecht bei der Firma. Geht sie pleite und wird abgewickelt, werden seine Forderungen erst nach den Forderungen anderer Gläubiger bedient. Es besteht also die Gefahr des Totalverlusts. Genussscheine sind risikoreicher als andere Wertpapiere, die Zinssätze deshalb gemeinhin höher.

cw/mak (dpa, rtr)