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Wieder Gewalt auf dem Taksim-Platz

23. Juni 2013

Die Tage des stillen Protests sind wohl vorbei. Zehntausende demonstrierten auf dem Istanbuler Taksim-Platz wieder lautstark gegen die türkische Regierung. Die Polizei reagierte mit Härte.

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Demonstranten auf dem Istanbuler Taksim-Platz versuchen den Tränengaswolken der Polizei zu entkommen (Foto: epa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sechs Tage lang war es in Istanbul vergleichsweise ruhig gewesen. Dann folgten am Samstagabend wieder mehrere zehntausend Menschen den Aufrufen über soziale Medien, auf dem zentralen Platz in der türkischen Metropole gegen die konservativ-islamische Regierung zu protestieren. Demonstranten riefen "Polizisten, verratet eure eigenen Leute nicht" und warfen rote Nelken auf die Beamten. Der Verkehr kam zum Erliegen.

Mehrfach rief die Polizei dazu auf, die von den Menschenmassen blockierten Straßen an dem Platz zu räumen. Schließlich ging sie mit Wasserwerfen und Tränengas gegen die Demonstranten vor (Artikelbild). Die Beamten der Bereitschaftspolizei setzten zudem Schutzschilde ein, um die Protestierer abzudrängen.

Nicht nur in Istanbul

Seit Mitternacht ist das Zentrum des Taksim-Platzes von der Polizei abgeriegelt. Am Rande hielten sich zunächst weiter Gruppen von Demonstranten auf, die friedlich beisammen standen. Die Polizisten hatten Gasmasken und Helme abgesetzt. Die Wasserwerfer, die Zugangsstraßen abgeriegelt hatten, wurden auf den Taksim-Platz zurückgezogen. Der Platz ist wieder für den Verkehr geöffnet. Auch in der türkischen Hauptstadt Ankara gab es am Abend neue Demonstrationen.

Auslöser der Proteste waren Pläne für die Bebauung des Istanbuler Gezi-Parkes, der an den Taksim-Platz grenzt. Inzwischen geht es aber vor allem um die Politik der Regierung insgesamt, die von vielen Türken als autoritär empfunden wird. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wirft der Protestbewegung vor, den Islam nicht zu respektieren. Er hatte die weitestgehend friedlichen Demonstranten zuvor schon als "Terroristen" und "Gesindel" beschimpft und ihnen unterstellt, "Wirtschaft und Demokratie der Türkei zu zerstören".

In Köln waren am Samstag mindestens 30.000 Menschen einem Protestaufruf der Alevitischen Gemeinde gefolgt. Redner forderten Erdogans Rücktritt und Neuwahlen. Die Kundgebung stand unter dem Motto "Überall ist Taksim". Währenddessen verbrachte der deutsche Botschafter Eberhard Pohl mehr als eine Stunde im türkischen Außenministerium in Ankara, in das er von der türkischen Regierung einbestellt worden war. Nach Informationen des türkischen Senders NTV wurde Pohl vom türkischen Unterstaatssekretär Feridun Sinirlioglu empfangen. Zum Inhalt des Gesprächs schweigen beide Seiten.

"Meinungsaustausch unter Freunden"

Bundesaußenminister Guido Westerwelle traf im katarischen Doha mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu zusammen. Das Gespräch sei "in konstruktiver und freundschaftlicher Atmosphäre" verlaufen, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Die Minister hätten einen "intensiven Meinungsaustausch im Geiste von Partnern und Freunden" gehabt, darunter auch zu "aktuellen Fragen der Beziehungen" zwischen der EU und der Türkei.

Der türkische Europaminister Egemen Bagis hatte am Freitag das Veto der Bundesregierung gegen die für kommende Woche vorgesehene Eröffnung eines weiteren Kapitels in den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bedauert und Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, ihren "Fehler zu verbessern", anderenfalls werde das Folgen haben.

Die Türkei steht bei der EU wegen des brutalen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in der Kritik. Merkel hatte die Einsätze der türkischen Polizei am Montag als "viel zu hart" kritisiert.

rb/gmf (afp, dpa, rtr)