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Wie wohnt Deutschland?

Benjamin Wüst22. Januar 2009

Hier werden die Trends gesetzt. Die internationale Möbelmesse Köln zeigt die moderne Einrichtungswelt. Aber wie sieht es tatsächlich in deutschen Wohnzimmern aus? DW-Reporter Benjamin Wüst hat auf der Messe nachgefragt.

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Trendfarbe lila: Sehen so deutsche Wohnzimmer aus?Bild: DW / Benjamin Wüst

"Wenn es im Winter früh dunkel wird, man den Bürgersteig entlang geht und in ein normales deutsches Wohnzimmer blickt, hat man das Gefühl, dass sich in den letzten 50 Jahren gar nichts getan hat," findet Heiner Bentler. "Mit schicken Dingen und Design ist bei 50 Prozent der Deutschen nichts zu machen."

Bentler arbeitet für eines der italienischen Einrichtungsunternehmen, die auf der internationalen Möbelmesse in Köln für innovative Produkte werben. Er beschreibt das klassisch deutsche Wohnzimmer mit den Worten "Gelsenkirchener Barock" - also überwiegend schwere Eichenmöbel.

Möbelmesse imm cologne 2009 Grünes Sofa
Eine grüne Couch? Wär das was für Sie?Bild: DW / Benjamin Wüst

Bei den Italienern sei das ganz anders, sagt der umtriebige Verkäufer, die seien Vorreiter in Sachen Einrichtung. Die Deutschen würden ja auch immer sagen: "Wenn ich etwas richtig Schickes haben will, dann muss es etwas Italienisches sein."

Geölte Kiefer

Was meinen die Dänen auf der Messe dazu? "Die Deutschen haben Massivholzmöbel, sehr ökologisch, aus Kiefer, geölt - oder sie leben sehr minimalistisch in schwarz-weiß mit viel Metall und Leder. So stellen wir uns das in Dänemark vor," sagt Ole Bjerg.

Bjerg verkauft dänische Möbel, die gewagt aussehen - sie sind mehr Kunststücke. So ist es schwer vorstellbar, auf der flachen, offenbar absichtlich durchlöcherten Couch, entspannt zu liegen.

Dann doch lieber Opas alter, gemütlicher Schaukelstuhl. "Geht gar nicht, völlig out", sagen die Niederländer mit den schicken Sesseln am Messestand.

Modern statt "knolli-bolli"

Möbelmesse imm cologne 2009 Rote Couch
Oder lieber geschwungen in rot?Bild: DW / Benjamin Wüst

"Sitting visions", also die Vision, wie man in Zukunft sitzt, heißt die Marke der Niederländer. Aber kann man so etwas auch in Deutschland verkaufen? "Das können sie mittlerweile in Deutschland sehr gut verkaufen, da sich der Wohnzimmergeschmack der Deutschen in den letzten Jahren extrem geändert hat. Das klassische Thema Dreisitzer-Zweisitzer-Sessel ist out."

Udo Löpers ist Deutscher, arbeitet für eine holländische Firma und weiß nach eigenen Angaben, wonach sich der deutsche Wohnzimmer-Einrichter sehnt: Weil die Küchen immer größer werden und man sich mehr in der Küche aufhalte, wolle der Kunde das Wohnzimmer zu einer Relaxzone machen. "Heutzutage stellt man ein schickes Zweisitzer-Sofa auf, dazu zwei einzelne persönliche Sessel, die dann nicht mehr wie früher knolli-bolli sind, sondern schick, modern und mit Funktion."

Die deutsche Farblos-Mentalität

Möbelmesse imm cologne 2009 Modernes Wohnzimmer grün/schwarz
Oder ein moderner Wohn-Traum in schwarz-grün?Bild: DW / Benjamin Wüst

Am Stand der Norweger: Haben die Norweger andere Wohnzimmer als die Deutschen? "Ja, bedingt durch das Klima verbringen wir mehr Zeit im Haus. Wir wohnen etwas anders als die Deutschen. Wir haben nicht so viel Angst vor Farbe. Wir benutzen viel rot, grün, blau und gelb,“ sagt Görel Eckmann. Aber warum sind die Deutschen so farbenscheu? "Die sind immer sehr vernünftig und denken, dass alles für die Ewigkeit halten soll. Ich denke, das hat auch mit der deutschen Mentalität zu tun."

Aha, die Deutschen sind also nicht ganz so bunt drauf wie die Skandinavier und haben eher eine Farblos-Mentalität.

Am Ende der Messerunde gehts nochmal beim Italiener vorbei, der "Wenn-ich-etwas-richtig-Schickes-haben-will,-dann-muss-es-was-Italienisches-sein"-Typ. Herr Bentler hat dann noch etwas Interessantes zu sagen. "Die Tendenz scheint so ein bisschen dahin zu gehen, dass das Wohnzimmer gegenüber dem Statussymbol Auto aufholt."

Na also, die Deutschen und ihre Wohnzimmer holen also auf - von wegen nur Gelsenkirchener Barock ...