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Wie umgehen mit Geld? Keine Ahnung!

Tabea Prünte
16. September 2017

Was lernt man in der Schule? Goethe, Matrizen, Vektoren - das sind Begriffe, die jedem in der Schule begegnen. Doch Finanzen, Steuern, Vermögen - damit werden die Schüler allein gelassen.

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Symbolbild Kindergeld und Erziehungsgeld in Deutschland Miniatur Figur
Bild: picture alliance/dpa/

Jeder hat schon mehr als einmal den Spruch gehört: "Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir." Doch dann stellt sich sogleich die Frage, was man denn im Leben mit dem Wissen über Stochastik anfangen kann, wenn man nicht gerade Statistiker werden will? Schon im Jahr 2015 sorgte ein  Tweet der damaligen Schülerin Naina für Aufsehen. 

"Ich bin fast 18 und habe keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann `ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen."

Seither ist die Debatte nicht abgeebbt: Finanzthemen bleiben generell niemandem erspart, Geld ist in unserer Gesellschaft zu jeder Zeit allgegenwärtig und wichtig. Warum wird das Thema der allgemeinen Schulbildung dann aber vorenthalten?

Taschengeld meist einzige Geldquelle

Ist Geld unter den Jugendlichen selbst schon ein Thema? Wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht, ist sehr unterschiedlich. Taschengeld ist meist die einzige Einnahmequelle in jungem Alter. Doch auch dieses Budget muss erst einmal verwaltet werden, denn schließlich muss es bis zum Ende des Monats reichen.

Infografik Wofür gibst Du am häufigsten Geld aus?

Was mit dem Geld passiert, können die jungen Erwachsenen zumeist ganz allein bestimmen. Monatliche Fixkosten spielen dabei natürlich noch keine Rolle. Das Statistik-Portal Statista hat ermittelt, dass das meiste Geld für Nachtleben und Ausgehen ausgegeben wird. Auf Platz zwei und drei folgen die Geldschlucker Kleidung, Essen und Trinken.

Und was tun, wenn sie es nicht alles direkt ausgeben wollen? Zum Sparen besitzen viele Kinder ein Sparbuch, meistens bei der Bank der Eltern. Ab 14 Jahren ist es dann möglich, ein eigenes Giro-Konto zu eröffnen - der erste Schritt in Richtung eines eigenverantwortlichen Umgangs mit Geld.

Erziehung und Schule helfen

Antonia Grohmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat das Ganze wissenschaftlich unter die Lupe genommen. Kernaussage ihrer Studie: Junge Menschen, die von ihren Eltern schon früh bewussten Umgang mit Geld gelernt haben und auch eine höhere finanzielle Bildung haben, kennen sich besser mit Finanzkonzepten aus. "Außerdem können wir zeigen, dass eine höhere Qualität der Bildung und Wirtschaft als Schulfach einen positiven Einfluss auf das Finanzverhalten hat." Ihre Schlussfolgerung: "Es gibt also zwei Kanäle, durch die das Finanzverhalten beeinflusst wird: die elterliche Erziehung, die die Finanzbildung erhöht, und die Schule."

Was können Eltern also tun? Sie können ein Vorbild sein und sich an der wirtschaftlichen Aufklärung ihres Kindes beteiligen. Sie können Taschengeld als Übungsmittel einsetzen und ihrem Kind damit eine sichere Methode schaffen, den Umgang mit Finanzen zu lernen.

Geldspartag
Den Umgang mit Geld kann man in der Schule lernen. Oder zu Hause - mit dem Taschengeld.Bild: picture-alliance/dpa/S. Marks

Je besser die Finanzbildung, desto besser sind auch die entsprechenden Entscheidungen. Denn wer sich auskennt mit Geld, ist nicht so leicht über den Tisch zu ziehen. Aber findet diese Bildung auch in der Schule statt? Die meisten Schüler sind sich jedenfalls einig, dass das nicht der Fall ist. 67 Prozent von ihnen wünschen sich laut einer FAZ-Umfrage deshalb ein neues Schulfach, in dem wichtige Finanzthemen angesprochen werden. Um Wirtschaft soll es gehen und tiefer in die Thematik eindringen, als es andere Schulfächer bisher tun.

Pflichtfach Wirtschaft

"Wirtschaft in der Schule und die Qualität der Bildung beeinflussen das Finanzverhalten direkt, führen aber auch zu verbesserter Rechenfertigkeit, die wiederum die finanzielle Bildung stärkt", so Antonia Grohmann. Zum anderen müssten gleichzeitig Eltern dafür sensibilisiert werden, wie wichtig eine frühe Finanzbildung für ihre Kinder ist, denn sie legt den Grundstein für das zukünftige Handeln und hat große Auswirkungen auf das spätere Urteilsvermögen und die Entscheidungsfähigkeit des Einzelnen in Bezug auf finanzielles Verhalten.

Schülern fehlt im Moment allerdings von Beginn an ein gewisses Grundlagenwissen und vor allem Urteilsvermögen. Und wer vorher noch nichts weiß, muss später alles glauben. Dafür ist ein kritischer Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse nötig. Um die freie Marktwirtschaft in Deutschland kritisch betrachten zu können, muss man sie erst einmal verstehen. Doch wie soll das der Fall sein, wenn es in der Schule eben doch noch nicht zum Thema gemacht wird? Deshalb werden die Forderungen nach dem Pflichtfach Wirtschaft immer lauter. Dabei sollen sowohl praxisnahe, als auch theoretische Inhalte vermittelt werden, um Schüler in die Grundzüge des Finanzwesens einzuführen.

Symbolbild Konsum in Deutschland
Abgesehen vom Nachtleben: Für nichts geben junge Leute mehr Geld aus, als für Kleidung und Schuhe.Bild: picture-alliance/dpa/A. Meyer

Bisher nur Beiwerk

Gleichzeitig sollen sie lernen, nach welchen Mechanismen Märkte und Preisbildung, das Steuer- und Abgabesystem sowie soziale Marktwirtschaft funktionieren - ganz im Sinne einer ökonomischen Allgemeinbildung. Manche dieser Themen werden durchaus schon in der Schule angesprochen, meistens werden wirtschaftliche Inhalte mit den Fächern Sozialwissenschaften, Politik oder Erdkunde gekoppelt. Allerdings sind die Lehrer oftmals fachfremd und vermitteln nur ihr selbst angelerntes Wirtschaftswissen und die wirtschaftlichen Themen treten nur als Beiwerk am Rande auf.

Und die Banken? Natürlich gibt es Anlaufstellen für Jugendliche, Berater von der Bank bieten sogar Programme für Schulen an, inklusive Unterrichtsmaterialien. Theoretisch könnten also ganze Unterrichtsreihen zum Thema Finanzen gefüllt werden. Trotzdem geschieht genau das noch nicht überall, unter anderem aus bildungspolitischen Gründen. Außerdem ist das Thema nicht nur für junge Erwachsene schwierig, sondern eben auch für ihre Eltern. Schließlich mussten sie sich damals auch schon alles mehr oder weniger selbst beibringen.

Als erstes Bundesland hat vor einem Jahr Baden-Württemberg den Forderungen nachgegeben und das Fach "Wirtschaft/ Berufs- und Studienorientierung" als Pflichtfach an allen Schulformen eingeführt. Ergebnisse lassen sich dabei aber erst feststellen, wenn die jetzigen Schüler erwachsen sind und verantwortlich mit Geld umgehen müssen.