Wie Künstler Kirchen sehen
Kathedralen sind touristische Magneten. Die berühmtesten ziehen jedes Jahr Millionen Besucher an. Auf welche Weise die Kirchen Künstler inspiriert haben, zeigt jetzt das Kölner Wallraf-Richartz-Museum.
Farbe statt Ehrfurcht
Die Kathedrale im nordfranzösischen Laon kannte Max Ernst aus seiner Zeit als Soldat und Kriegszeichner im Ersten Weltkrieg. Collage-ähnlich setzt er in seinem Gemälde Teile der Gebäude, aber auch Flächen und Bäume in seinem Bild zusammen. Die Akzentuierung der Farbe dominiert das Bauwerk, die Kathedrale ist nicht mehr – wie im Mittelalter – Zentrum und Krönung der Stadt.
Eine Kirche für den König
Die Kirche auf einem Felsen am Meer hat der Maler und Architekt Karl Friedrich Schinkel 1815 erfunden. Schinkel war Bauassessor in Berlin und erfüllte damit einen Auftrag des Preussenkönigs Friedrich Wilhelm III. Als Denkmal des Sieges über Napoleon wünschte der König eine Kirche in mittelalterlicher Gotik, die an eine Epoche der Glaubensstärke und Reichseinheit erinnert. Gebaut wurde sie nie.
Der Blick ins verheißungsvolle Jenseits
Eine Szene, wie sie Caspar David Friedrich 1818 hier malte, hat der Künstler oft erlebt: einen Blick aus dem Garten seines Bruders auf die Greiswalder Nikolai Kirche. Doch hier geht es nicht um die Menschen, sondern um die Kirche als Bollwerk des christlichen Glaubens. Die Weinlaube, aus der das Paar in die Ferne blickt, weist auf die Abendmahl-Feier hin und ihre Verheißung der Auferstehung.
Kirchturm-Perspektive
1898 führte Etienne Moreau-Nélaton Freiluftstudien auf den Türmen der Kathedrale Notre-Dame aus. Jedes Gemälde porträtiert eine oder mehrere Figuren an den Türmen und zeigt einen Ausschnitt der modernen Metropole Paris. Hier wachen zwei Steingrotesken über die Stadt, die aus einer undeutlichen Masse von Gebäuden besteht. Die kühlen Farben betonen die finstere, unheimliche Stimmung der Aussicht.
Notre Dame im Krieg
Auch Pablo Picasso blickt düster auf Paris. Der Maler hatte während des Zweiten Weltkrieges in Paris gelebt. Was er und viele andere an Entbehrungen, an Hunger und Kälte erlebten, versuchte Picasso auf der Leinwand zum Ausdruck zu bringen, auch wenn er keine Kriegszenerie abbildete. 1945 malte Picasso dieses Bild als eines von sieben Werken mit Ansichten der Kathedrale von Notre-Dame.
In voller Pracht
Der Kölner Dom ist von vielen Künstlern gemalt worden. Carl Hasenpflugs Darstellung ist stark idealisiert. Er hatte alte Architekturpläne studiert und malte die Kirche 1834 so, wie sie seinen Vorstellungen nach um 1500 aussah. In seinem Gemälde finden sich mehrere Kirchenpartien, die erst später entstanden sind. Die Umgebung passte Hasenpflug so an, dass der Dom möglichst prächtig zur Geltung kam.
"Und fertig wird er doch"
Vincent Satz war Architekt und Diözesanbaumeister in Köln. Hier wurden nach seinen Plänen etliche Kirchen und Kapellen errichtet. Sein 1861 entstandenes Aquarell ist eine glorifizierende Vorwegnahme des vollendeten Doms. Die beiden Westtürme existierten zur Zeit von Satz noch nicht.
Verfremdet und reduziert
Der Meister der Pop-Art, Andy Warhol, hat den Kölner Dom stark vereinfacht. Er wählt für seine Darstellung die Perspektive der Touristen, die den Bau meist von unten sehen. So erscheint der Dom eher wie eine Pyramide. Die knallige Farbe karikiert das mächtige Gebäude und die Erhabenheit, die mit ihm verbunden wird.