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Minütlich fünf Tote durch falsche Behandlung

14. September 2019

2,6 Millionen Menschen müssen jedes Jahr sterben, weil sie Opfer falscher Eingriffe oder Medikamente wurden. Mit einen "Welttag der Patientensicherheit" versuchen die UN, ein Stück weit gegenzusteuern.

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Symbolbild Krankenpflege (Foto: picture-alliance/dpa/D. Karmann)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Millionen Menschen weltweit kommen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich bei medizinischen Behandlungen zu Schaden. "Jede Minute sterben fünf Menschen wegen fehlerhafter Behandlung", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. Am 17. September findet daher erstmals ein "Welttag der Patientensicherheit" statt. Damit will die UN-Organisation auf das Thema aufmerksam machen. In vielen Ländern würden Wahrzeichen in Orange angestrahlt, darunter die Pyramiden in Ägypten und die Wasserfontäne in Genf.

"Es ist ein globales Problem"

Weltweit erlitten 40 Prozent der Patienten bei ambulanten Behandlungen Schäden, im Krankenhaus seien es zehn Prozent, so die WHO weiter. In den rund 150 Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen kämen nach Schätzungen 2,6 Millionen Menschen im Jahr durch fehlerhafte medizinische Behandlung ums Leben. Die Bandbreite der Fehler sei dabei groß: Manche Patienten bekämen eine falsche Diagnose oder falsche Medikamente, sie würden falsch bestrahlt oder infizierten sich während der Behandlung. Auch Amputationen falscher Gliedmaßen oder Hirnoperationen auf der falschen Seite des Kopfes kämen vor.

Dengue-Patienten in einem Krankenhaus von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch (Foto: DW/M. Mostafigur Rahman)
Dengue-Patienten in einem Krankenhaus von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch Bild: DW/M. Mostafigur Rahman

"Es ist ein globales Problem", erläuterte die WHO-Verantwortliche Neelam Dhingra-Kumar. Grund sei etwa eine strenge Hierarchie in vielen Einrichtungen, wo untergeordnetes Personal sich nicht traue, etwas zu sagen. Oder Angestellte verschwiegen Fehler aus Angst vor Repressalien. Fehler müssten aber erkannt und benannt werden, so Dhingra-Kumar weiter. "Fehler machen ist menschlich. Aber aus Fehlern nicht zu lernen ist inakzeptabel." Nach ihrer Einschätzung lässt sich mit mehr Sicherheit sogar viel Geld sparen, denn geschädigte Patienten müssten länger in Behandlung bleiben. In den USA seien in Medicare-Krankenhäusern zwischen 2010 und 2015 durch bessere Sicherheitsmaßnahmen rund 28 Milliarden Dollar (gut 25 Milliarden Euro) eingespart worden.

Ein junger Patient in einer Klinik in Caracas, der Hauptstadt von Venezuela (Foto: picture alliance/dpa/TASS/V. Sharifulin)
Ein junger Patient in einer Klinik in Caracas, der Hauptstadt von VenezuelaBild: picture alliance/dpa/TASS/V. Sharifulin

Durch mehr Patientensicherheit könnten auch in Deutschland jedes Jahr viele Tausend Leben gerettet werden, sagte die Vizevorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Ruth Hecker, in Berlin. Nötig sei ein gemeinsames Engagement aller Verantwortlichen im Gesundheitssystem.

"Ärzte und andere Gesundheitsberufe am Limit"

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte oberste Priorität für die Sicherheit von Patienten. "Qualität und Sicherheit müssen die Treiber im Gesundheitswesen sein - nicht Wettbewerb und Kostendruck", sagte Reinhardt. Patientensicherheit sei nicht verhandelbar. Zeit für Gespräche, Austausch mit Kollegen und die Reflexion des eigenen Handelns trügen entscheidend dazu bei, Fehler zu vermeiden. Diese Zeit fehle jedoch häufig. "Stattdessen arbeiten Ärzte und andere Gesundheitsberufe am Limit, um die Folgen des Wettbewerbsdrucks und der Arbeitsverdichtung für die Patienten zu mildern", so Reinhardt.

sti/jj (dpa, epd, kna)