Wenn Werbung keine Tabus kennt
AUFFALLEN um jeden Preis! Dazu reichen Großbuchstaben und absichtliche Fehler bei Werbekampagnen längst nicht mehr. Große Unternehmen suchen daher nach anderen Wegen - und schießen dabei manchmal übers Ziel hinaus.
Sonnenbrillen-Werbung im KZ
Besser nicht. Das australische Unternehmen Valley Eyewear ist gerade in den Schlagzeilen. Der Grund: Valley Eyewear wirbt in einem Internetvideo für seine Sonnenbrillen. Das Problem: Das Video wurde rund um den Gedenkort Steinerne Blume im ehemaligen KZ Jasenovac in Kroatien gedreht. Dort starben im Zweiten Weltkrieg mehr als 80.000 Menschen. Nach Protesten hat das Unternehmen das Video gelöscht.
Lecker - aber geschmacklos
Auch wenn manchem das Wasser im Mund zusammenläuft: Die Werbung dazu empfinden viele als geschmacklos. In Russland hat Burger King passend zur Fußball-WM dazu aufgerufen, dass Frauen sich von WM-Spielern schwängern lassen, um für Russland Sportler-Gene zu erbeuten. Dafür sollten sie ihr Leben lang kostenlos Hamburger bekommen, plus eine Geldprämie. Nach Protesten verschwand die Werbung.
Aller guten Dinge sind drei?
Dieses Sprichwort zieht in diesem Fall nicht. Die Elektronik-Kette Media Markt hatte 2001 mit einer leicht bekleideten Frau mit drei Brüsten geworben. Dass die Kampagne Sexismus-Vorwürfe hervorrief, ist wenig verwunderlich. Schlecht für Media Markt: Es war eine Plakat-Kampagne. Löschen reichte also nicht. Stattdessen mussten innerhalb weniger Tage rund 15.000 Plakate entfernt werden.
Weißgewaschen
Der Werbesport von Shanghai Leishang Cosmetics war wohl mehr ein Griff ins Klo als in die Waschmaschine. Denn das Unternehmen, das Waschmittel herstellt, zeigte 2016 in seinem Spot wie eine Asiatin einen Schwarzen anflirtet, zu sich winkt und ihn in die Waschmaschine steckt. Raus kommt ein hellhäutiger Asiate. Nach Rassismus-Vorwürfen entschuldigte sich das Unternehmen und zog den Spot zurück.
Aus Schwarz mach Weiß
Man könnte meinen, dass sich herumspricht, wie schlecht rassistische Werbung fürs Image ist. Trotzdem hat es der Hygiene- und Kosmetikartikel-Hersteller Dove ein Jahr später auch mal probiert. In einem Social-Media-Kurzclip wurde gezeigt, wie eine dunkelhäutige Frau ihr Oberteil über den Kopf zieht und plötzlich eine weiße Frau ist. Auch hier entschuldigte sich das Unternehmen.
Rassismus mal anders
Auch das Jahr 2018 bleibt nicht von rassistischen Werbekampagnen verschont. Die schwedische Modekette H&M wirbt für einen Kapuzenpulli, auf dem übersetzt "Coolster Affe in Dschungel" steht. Ihn trägt ein schwarzer Junge. Die weltweite Empörung war groß: In Südafrika stürmten aufgebrachte Bürger H&M-Filialen, so dass sie schließen mussten. H&M hat sich entschuldigt und die Werbung zurückgezogen.
Judenstern auf Babykleidung
Die Modekette Zara sorgte 2014 mit einem Shirt für Kleinkinder für einen Skandal. Das gestreifte Shirt erinnert an KZ-Häftlingskleidung und hat links auf Brusthöhe einen gelben Stern aufgedruckt - ähnlich dem, mit das Nazi-Regime die Juden kennzeichnen ließ. Zara entschuldigte sich, nahm das Shirt aus dem Handel und erklärte, es sei von Western-Filmen inspiriert gewesen.
Der falsche Kuss
Benetton ist ein weiterer großer Textilkonzern, der mit seinen Werbekampagnen für Aufregung sorgt - und das mit großer Regelmäßigkeit. 2011 warb das Unternehmen für seine Kampagne "Unhate" mit einer Fotomontage, die zeigt, wie der damalige Papst Benedikt XVI. und Ahmad Mohamad al-Tayyeb, Scheich der Al-Azhar-Moschee in Ägypten, sich auf den Mund küssen. Nachdem der Vatikan mit Klage drohte...
Wo Skandale Tradition haben
... zog Benetton das Foto zurück. Der italienische Textilhersteller blickt auf eine jahrzehntelange Geschichte skandalträchtiger Werbekampagnen zurück. In den 1990er Jahren warb er beispielsweise mit einem im Kreis seiner Familie sterbenden Aids-Kranken und mit einem von der Mafia auf der Straße Erschossenen und seiner trauernden Familie. Heute mit Flüchtlingen. Dieses Foto nutzt Benetton...
Kommerzialisierung humaner Katastrophen
... genauso wie dieses für seine Kampagne. Die Fotos zeigen, wie Flüchtlinge vom Hilfsschiff "Aquarius" auf dem Mittelmeer gerettet werden sowie weibliche gerettete Flüchtlinge mit ihren Kindern. Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée, deren Hilfseinsatz gezeigt wird, kritisiert die Fotografen und Benetton scharf: Not dürfe niemals kommerzialisiert werden.