1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Wenn der Westen helfen soll, darf er nicht Nein sagen"

3. März 2011
https://p.dw.com/p/R65v
Rainer Sollich, Leiter des Arabischen Programms (Foto: DW)
Rainer Sollich, Leiter des Arabischen ProgrammsBild: DW

"Der Westen", kommentierte kürzlich Al-Kuds Al-Arabi, eine der meistgelesenen arabischen Zeitungen, "will keine Demokratie in der arabischen Welt". Er verfolge dort nur seine eigenen Interessen. Diese Stimmung ist weit verbreitet in der Region. Und sie korrespondiert mit einer starken Abneigung gegen jede ausländische Einmischung.

Das müssen wir Europäer sehr ernst nehmen. Und dies ist aus meiner Sicht auch der Hauptgrund dafür, warum jedes militärische Eingreifen in Libyen von außen äußerst sorgsam abgewogen werden muss. Es darf ausschließlich humanitär begründet sein. Und es darf niemals gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit geschehen.

Überdies haben wir im Westen natürlich viele eigene gute Gründe gegen eine Flugverbotszone in Libyen: Wer sie verhängt, muss sie notfalls auch mit Gewalt durchsetzen können. Damit könnte Libyen für uns zu einem neuen Irak oder Afghanistan werden, zu einem militärischen Dauer-Abenteuer ohne erkennbaren Ausweg.

Aber unsere eigenen Werte verpflichten uns auch zur Hilfe in Not. Wenn Diktator Muammar Gaddafi in den nächsten Tagen immer größere Blutbäder anrichtet, wenn er nachweisbar Zivilisten bombardieren lässt - können wir dann einfach zuschauen?

Nein, das können wir nicht. Das werden wir moralisch gar nicht durchhalten können. Und genau deswegen ist die Einrichtung einer Flugverbotszone trotz der enormen Risiken eine sinnvolle Option. Selbst wenn diese Maßnahme - hoffentlich - niemals militärisch durchgesetzt werden müsste: Schon die glaubwürdige Androhung ist ein gewichtiges Druckmittel gegen Gaddafi und könnte weiteres Blutvergießen verhindern helfen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass der Westen wirklich nach solcher Hilfe gefragt wird. Noch sind die Rufe der libyschen Opposition danach nicht laut und eindeutig genug. Aber die Skepsis gegenüber westlichem Beistand scheint in dem Maße zu schwinden, wie die Gewalt des Regimes weiter zunimmt. Wenn in Libyen ein Massenmorden einsetzt und wir um Hilfe gerufen werden - dann dürfen wir nicht Nein sagen.

Autor: Rainer Sollich
Redaktion: Iveta Ondruskova

Lesen Sie auch die Gegenmeinung im folgenden Link!