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Wenn der Torfwald brennt

6. Februar 2012

Kaum ein Ökosystem auf der Erde bindet soviel Kohlendioxid wie Torfwald. Durch Rodungen ist er besonders in Indonesien bedroht. Finanzielle Anreize und ein Politikwechsel der Industrienationen könnten den Trend stoppen.

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Torfwald (Quelle: Greenpeace)
Torfwälder brennen lange. Doch erst danach setzen sie das meiste CO2 freiBild: greenpeace
Brandrodung des Torfwaldes (Quelle: WWF)
Der Wald muss weichen. Denn Indonesien will seine Plantagenflächen verdoppelnBild: WWF

In den Hochhausschluchten Jakartas tragen die Menschen Atemmasken. Und starren fassungslos in den Himmel, der schwarz vor Rauch ist. Das war im Juli 1997. Eine gewaltige Qualmwolke hatte sich über Indonesien und Malaysia gelegt, weil in dem sehr trockenen Jahr Brandrodungen außer Kontrolle geraten waren; die Wolke reichte bis nach Australien. Und war erst nach einem Jahr ganz verzogen. Zehn Millionen Hektar waren abgebrannt – die doppelte Fläche der Schweiz.

Es war zu großen Teilen Torfwald, der brannte. Kaum ein Ökosystem auf der Erde bindet so viel CO2. Denn Torf ist die Vorstufe von Kohle; die pflanzlichen Zersetzungsprozesse im Boden sind in Torfwäldern bereits weit fortgeschritten. Viel weiter als dort, wo normaler Regenwald wächst. Deshalb speichern Torfwälder bis zu 50 Mal mehr CO2 als andere tropische Waldflächen. So viel ist bekannt. Sonst wissen Forscher über diesen Waldtyp nur wenig.

Unter anderem noch, dass er rasant verschwindet: am Amazonas, im Kongo-Becken und in Südostasien. Nur hier wachsen Bäume auf jahrtausende alten Torfschichten, die bis 20 Meter dick und sehr feucht sind. Deshalb wird Torfwald vor der Abholzung mit Drainagen entwässert. Sind die Waldflächen abgebrannt und geschlagen, bleibt nackter Torfboden zurück, der sich in der Sonne langsam zersetzt. Dabei werden enorme Mengen CO2 freigesetzt – viel mehr, als beim Verbrennen der Bäume.

Indonesien, Land der Torfwälder

Der Münchener Biologe Florian Siegert erforscht Torfwälder dort, wo die Hälfte des weltweiten Vorkommens wächst: in Indonesien. Für Plantagen, deren Fläche jedes Jahr um 500.000 Hektar wächst, werden zunehmend Torfwälder gerodet. "Andere Wälder sind längst übernutzt. Für die Palmöl-Industrie bleiben noch die Torfwälder übrig", sagt Siegert, der mit Kollegen 2002 erstmals auf die immense Klimawirkung dieser besonderen Wälder hinwies: Durch die indonesischen Brände von 1997 und 1998 wurde eine Menge CO2 emittiert, die bis zu rund einem Drittel des gesamten weltweiten CO2-Ausstoß aus fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle in der gleichen Zeit entsprach. 2006 brannten die Torfwälder wieder einige Monate – und verursachten dabei so viel CO2, wie Deutschland im gleichen Jahr ausgestoßen hat.

Entwässerung des Torfwaldes (Quelle: Greenpeace)
Umweltgruppen wie Greenpeace versuchen in Indonesien, die Entwässerung des Torfwaldes zu verhindernBild: greenpeace

Vor allem aufgrund dieser gewaltigen Emissionen hat Indonesien den drittgrößten Treibhausgas-Ausstoß der Welt. 50 Milliarden Tonnen CO2 sind in den Torfwäldern noch gespeichert. Würden nur die Hälfte abgebrannt, können – aufgrund der darauf folgenden Zersetzung des extrem kohlenstoffhaltigen Bodens – sogar 90 Milliarden Tonnen entweichen.

Die indonesische Regierung kennt diese Gefahren – und lässt deshalb Studien erstellen. Die neueste Arbeit zeigt, dass die Hälfte der gesamten Treibhausgas-Emissionen des Landes auf die Umwandlung von Torwäldern zu Plantagen zurückzuführen ist. Wie viele Umweltverbände fordern auch die Autoren, diese Praxis zu stoppen. Mit einfachen Mitteln: Würde die Brandvorsorge verbessert, trockene Torfflächen bewässert und existierende Gesetze umgesetzt, könnten schon jetzt drei Viertel des torfgebundenen CO2-Ausstoßes eingespart werden, heißt es weiter.

Gesetze werden nicht umgesetzt

Bei der Umsetzung des geltenden Rechts gibt es große Probleme: Wald, der auf mindestens drei Meter dickem Torf wächst, darf zwar nicht abgeholzt werden. Dennoch sind illegale Rodungen an der Tagesordnung. Es fehlt an Polizisten und Verwaltungen, die Verstöße melden und verfolgen. "Indonesien ist hochkorrupt, das macht den Waldschutz schwer", sagt Peter Gerhardt von der Umweltorganisation "Robin Wood". Mit dem Einsatz von Satellitenaufnahmen könnten Abholzungen besser erkannt werden. Und der Druck, Strafen auszusprechen, würde durch eine Konvention zum Schutz der Torfwälder steigen, wie sie etwa die Forscherin Angelika Heil fordert, die mit einer Arbeit zu diesem Thema promoviert hat.

Vor allem, so sagt Florian Siegert, müssten die Palmölproduzenten umgestimmt werden. Und das gehe nur mit Geld. Der Inselstaat verfügt über Millionen Hektar Brachland. Doch Plantagen legen die Konzerne im Wald an – weil sie dessen Holz vor der Palmölproduktion verkaufen können. Ein Ausweg wäre der REDD-Mechanismus (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation), der Teil eines nächsten weltweiten Klimaabkommens sein soll. Ziel ist es, Regenwaldeigner zu entlohnen, wenn sie ihre Bäume verschonen. Einige indonesische Palmöl-Produzenten haben jetzt angekündigt, auf Plantagen zu verzichten, wenn Geld fließe.

Palmöl bleibt das Problem

Reste eines Torfwaldes (Quelle: Greenpeace)
Der Wald muss weichen. Denn Indonesien will seine Plantagenflächen verdoppelnBild: WWF

"Es gibt gute Ansätze", sagt Siegert. Letztlich könne aber nur der Verzicht auf Palmöl den Torfwald retten. "Wenn die Nachfrage einbricht, setzt ein Umdenken ein." Noch sei Palmöl aber Teil der EU-Strategie für erneuerbare Energien. "So lange die Politik den Palmölverbrauch subventioniert, um das Klima zu schützen, befinden wir uns in einem krassen Widerspruch." Skeptisch steht der Experte auch Zertifizierungssystemen gegenüber wie dem Roundtable for Sustainable Palm Oil (RSPO), in dem sich Umweltverbände und Palmölproduzenten für eine nachhaltige Produktion zusammengeschlossen haben. "Die Qualitätskontrollen sind hier sehr schwierig", sagt Siegert.

Insgesamt stehen die Zeichen für eine Trendwende in der Palmölproduktion eher schlecht. Denn Indonesien will seine Produktion in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. "Uns bleibt vor allem, die kritische Zivilgesellschaft vor Ort zu stärken", sagt da Peter Gerhardt. "Denn nur, wenn in der Bevölkerung die Wertschätzung für den Wald zunimmt, gibt es die Chance auf einen echten, langfristigen Wandel."

Autor: Torsten Schäfer

Redaktion: Ranty Islam