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Weniger ist weniger

Marcel Fürstenau3. Dezember 2002

Wachsende Armut und Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern stehen in einem engen Zusammenhang. Zu diesem Fazit kommen die Vereinten Nationen in ihrem neuen Weltbevölkerungsbericht.

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Frauen müssen das Recht auf Familienplanung habenBild: Abbas/Magnum Photos

Von einer verpassten Chance ist in dem UN-Weltbevölkerungsbericht die Rede, der am 3.12.2002 in Berlin vorgestellt wurde: Wäre die Geburtenrate in den 1980er Jahren um 0,5 Prozent zurückgegangen, gäbe es heute ein Drittel weniger Armut auf der Welt. Andererseits wird sich die Bevölkerung in den Entwicklungsländern bei unveränderter Geburtenrate in den kommenden 50 Jahren verdreifachen - so wie sie sich seit 1955 bis heute verdreifacht hat. Für Äthiopien beispielsweise wird auf dieser Grundlage eine Bevölkerungszunahme von derzeit etwa 60 Millionen auf fast 170 Millionen angenommen.

Dass weniger Menschen weniger Armut bedeuten, hat nach den Erkenntnissen des Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) wesentlich mit den Faktoren Gesundheit und Bildung zu tun. Beides sei Voraussetzung für die Entfaltung persönlicher Fähigkeiten, was zu mehr Produktivität und mehr Einkommen führe. Daraus resultiere eine höhere Lebenserwartung, die wiederum Rückschlüsse auf die Volksgesundheit zulasse, sagte die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Eine doppelte Tragödie

Wieczorek-Zeul auf einer Pressekonferenz
Die deutsche Entwicklunsghilfe- Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Der Kampf gegen die Immunschwäche-Krankheit AIDS sei längst ein Kampf um das wirtschaftliche Überleben ganzer Gesellschaften, sagte die Politikerin: "Denn AIDS tötet ja gerade die Altersjahrgänge, die das wirtschaftliche und soziale Fundament einer Gesellschaft sichern und auf die jede Gesellschaft angewiesen ist."

Um dieses Fundament zu erhalten und langfristig auszubauen müsse sich die internationale Staatengemeinschaft finanziell stärker im Bereich der so genannten reproduktiven Gesundheit engagieren, sagte die Ministerin. Damit sind unter anderem Maßnahmen gemeint, die zu einer Verbesserung der sexuellen Aufklärung und der hygienischen Verhältnisse in Entwicklungs- und Schwellenländern führen sollen.

Deutschland stellt in diesem Jahr nach Angaben
Wieczorek-Zeuls 14 Millionen Euro für dieses Programm zur Verfügung. Hinzu kämen Gelder aus dem Entwicklungsfonds der Europäischen Union in Höhe von 44 Millionen Euro.

Verpflichtungen nicht eingehalten

Heftige Kritik übte die Entwicklungshilfe-Ministerin an den Vereinigten Staaten von Amerika, die ihre Zahlungen eingestellt hätten. Die US-Regierung propagiere aus ideologischen Gründen Enthaltsamkeit statt Aufklärung und entscheide sich so gegen die Gesundheit und das Leben zahlloser Frauen und Familien in den Entwicklungsländern.

"Wir sind der Meinung, wer Frauen die Mittel zu einer menschenwürdigen Familienplanung vorenthält, nimmt höhere Geburtenraten und auch eine höhere Mütter- und Kindersterblichkeit in Kauf. Das wollen wir nicht, und deshalb engagieren wir uns für diese wichtige Arbeit."

UNFPA state of world population 2002
Stundenlange Märsche für Wasser und BrennholzBild: Ferdinando Sciana/Magnum Photos

Auf der Weltbevölkerungs-Konferenz in Kairo 1994 hatten sich die Teilnehmer-Länder darauf verständigt, pro Jahr 17 Milliarden Dollar für Familienplanung und Gesundheitsvorsorge bereitzustellen. Ein Drittel sollte von der internationalen Staaten-Gemeinschaft kommen, zwei Drittel wollten die Entwicklungsländer selbst aufbringen.

Tatsächlich kamen im Jahre 2000 nur knapp elf statt der vereinbarten 17 Milliarden Dollar zusammen. Wobei die Geberländer nur knapp die Hälfte der von ihnen zugesagten Mittel aufbrachten.

Trotz dieser und anderer Rückschläge gebe es aber auch Beispiele, die Mut machten, hieß es. So hätten Brasilien und Mexiko sowie mehrere Länder Ostasiens durch eine Reduzierung ihrer Geburtenraten ihr Wirtschaftswachstum steigern können. Eine Entwicklung, die vor allem einer verbesserten Gesundheitslage zu verdanken sei.