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Weltweite Kritik an Jassins Ermordung

23. März 2004

Die Tötung von Hamas-Gründer Scheich Ahmed Jassin hat für Israel möglicherweise eine Rüge der UN-Menschenrechtskommission zur Folge. Regierungen weltweit haben das Attentat scharf verurteilt.

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Protestierende PalästinenserBild: AP

Die 53 Mitgliedstaaten der Kommission nahmen am 23. März, einen Tag nach dem Attentat, einen Antrag der Organisation der Islamischen Konferenz an, in einer Sondersitzung über den gezielten Raketenangriff zu beraten. Die USA, Australien und Eritrea stimmten gegen den Beschluss, 14 Staaten enthielten sich. Der palästinensische UN Botschafter hat sich darüber hinaus für eine offizielle Verurteilung durch den Weltsicherheitsrat ausgesprochen. Der israelische Botschafter Jaakov Levi kritisierte die Entscheidung. Zum ersten Mal in der Geschichte der UN würde eine Sitzung zum Lob und zur Glorifizierung eines Terroristenführers abgehalten, erklärte Levi.

Weltweite Empörung

Viele Regierungen äußerten sich bereits am Tag der Ermordung besorgt über die Folgen des Angriffs auf den Hamas-Gründer für den Nahen Osten. Der britische Außenminister Jack Straw erklärte, es sei zwar gerechtfertigt, wenn Israel "den Terrorismus mit Gegenangriffen im Rahmen des internationalen Rechts" bekämpfe. "Aber eine gezielte Tötung oder ein Attentat sind außerhalb des internationalen Rechts und nicht gerechtfertigt", sagte er am Montag (22.3.).

Reaktionen aus Europa

EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte in Brüssel, diese Aktion sei eine "schlechte Nachricht" für den Friedensprozess. Die Europäische Union (EU) habe konsequent "außergesetzliche" Tötungen verurteilt. Im Fall des geistlichen Führers der Hamas-Organisation müsse die Verurteilung noch stärker ausfallen. Die EU-Außenminister bezeichneten den israelischen Angriff als "Anschlag", der die Lage im Nahen Osten entflammt habe. Alle Seiten sollten sich nun Zurückhaltung auferlegen und sich Gewalttaten enthalten, die nur zu mehr Toten führen würden und eine friedliche Beilegung des Konflikts weiter außer Reichweite brächten.

Auch der polnische Außenminister, Wlodzimierz Cimoszewicz, kritisiert die Vorgehensweise der israelischen Regierung: "Das Bild einer an den Rollstuhl gefesselten Person, die von einer Rakete getötet wird, ist wahrscheinlich nicht der beste Weg, die Sicherheit Israels zu stärken."

Reaktionen der arabischen Welt

In Ägypten äußerte Präsident Husni Mubarak die Vermutung, dass auch die US-Regierung durch den Raketenangriff auf den greisen Scheich überrascht worden sei. Diesen Eindruck habe er am Montag bei seinem Treffen mit dem Nahost-Beauftragten der US-Regierung, William Burns, in Kairo gewonnen. "Heute ist der Friedensprozess abgebrochen worden, er muss nun wieder ganz von vorne begonnen werden", fügte Mubarak hinzu. Aus Protest gegen die Ermordung Jassins sagte Ägypten einen Besuch von Parlamentsabgeordneten in Israel ab.

Der syrische Präsident Bashar Assad sieht in der Ermordung eine "gefährliche Eskalation" der Lage im Nahen Osten und ein "übles Verbrechen". Die Tat sei Teil einer "Serie von Morden und Zerstörungen" gegen das palästinensische Volk. Was immer die israelische Regierung zur Rechtfertigung vorbringe, die Ermordung Jassins sei eine "flagrante Verletzung des Völkerrechts."

Der palästinensische Generalbevollmächtigte in Deutschland, Abdullah Franghi, befürchtet nun eine Eskalation der Gewalt. Israel habe einer Gewalt Tür und Tor geöffnet, die nicht mehr zu kontrollieren sei. Er hoffe aber weiterhin auf eine politische Lösung, die einen Abzug der israelischen Truppen aus den palästinensischen Gebieten bedeuten müsse.

Israel verteidigt sich

Israelische Hardliner wollen die Kritik an dem Militärschlag nicht gelten lassen. Jassin sei der palästinensische Osama bin Laden gewesen, sagte Verteidigungsminister Schaul Mofas. Die israelische Regierung hat Jassin persönlich für eine Serie von Selbstmordanschlägen in Israel verantwortlich gemacht. "Auch wenn es kurzfristig heftige Reaktionen der Hamas auf die Tötung geben wird, langfristig führt es zu Zurückhaltung. Die militanten Führer werden wissen, dass sie getötet werden", erklärte Finanzminister Benjamin Netanjahu die israelische Taktik. (iu/arn)