1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gegen die Unfreiheit

Das Gespräch führte Miodrag Soric4. Februar 2007

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärt, warum sich deutsche Politik sich mehr für die Freiheit in Weißrussland einsetzen sollte.

https://p.dw.com/p/9nCq
CDU-Generalsekretar Ronald Pofalla im Konrad-Adenauer-Haus (Archiv-Foto)
CDU-Generalsekretar Ronald Pofalla im Konrad-Adenauer-Haus (Archiv-Foto)Bild: AP

Deutsche Welle: Herr Pofalla, Sie waren in den letzten Monaten mehrfach in Weißrussland. Woher kommt Ihr Interesse?

Pofalla: Weißrussland ist die letzte verbleibende Diktatur in Europa. Für jemanden, der in Freiheit lebt, der seine Meinung frei sagen kann, ist es eine Verpflichtung, sich für die Freiheit derer einzusetzen, die in Unfreiheit leben.

Es hat nichts mit Interessenpolitik zu tun?

Es liegt im Grundsätzlichen, weil ich die Unfreiheit von Menschen insgesamt nicht akzeptieren kann.

Lukaschenko
"Der letzte Diktator"Bild: AP

Weißrussland ist in Deutschland kein großes Thema. Bedauern Sie das?

Ich bedauere das insofern, als dass man sich ja hier in Berlin vergegenwärtigen muss, dass der Flug in die Schweiz länger dauert, als der nach Weißrussland. Aber die wenigsten Menschen realisieren das. Meine Reisen sollen auch dazu beitragen, dass in Deutschland das Bewusstsein für die Diktatur und die Unfreiheit in Weißrussland geschärft werden.

Präsident Alexander Lukaschenko hat unlängst in einem Interview gesagt, der Westen zeichne ein falsches Bild von ihm und seiner Regierung. Hat er Recht?

Er hat absolut Unrecht. Es gibt politische Häftlinge in Weißrussland wie etwa Alexander Kosulin, der für eine demonstrationsrechtliche Nichtigkeit, für die er in Deutschland allenfalls mit einem Platzverweis geahndet würde, zu fünfeinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Alleine dieses Beispiel macht deutlich, dass die Einschätzung des Präsidenten nicht stimmt. Nehmen Sie die letzte Kommunalwahl. In den 10.000 Stimmbezirken waren ganze zehn Oppositionelle als Kandidaten zugelassen. Und da, wo es zugelassene Kandidaten gab, hat die Staatsmacht Flugblätter der unabhängigen Kandidaten beschlagnahmt mit der Begründung, man wolle Rechnungen sehen, wo die Flugblätter gedruckt wurden. Und als die Rechnungen vorlagen, wurden die Flugblätter erst drei Tage nach der Kommunalwahl wieder zurück gegeben - mit dem Hinweis, es sei alles ordnungsgemäß, und nun könne man sie einsetzen.

Wie soll der Westen mit dieser Diktatur umgehen?

In dem wir unmissverständlich klar machen, dass wir zwei Dinge fordern, bevor wir mit Weißrussland überhaupt erst auf offizieller Ebene reden können: Wir fordern die Freilassung aller politischen Häftlinge in Weißrussland. Zweitens: Wir erwarten, dass die Opposition Zugang zu unabhängigen Medien erhält und damit die Meinungsfreiheit in Weißrussland gewährleistet ist.

Sollte – was im Augenblick wohl kaum jemand erwartet - Lukaschenko darauf eingehen, würde man dann auf westlicher Seite ihm zumindest ein wenig die Türen öffnen?

Dann sind die Voraussetzungen gegeben, dass wir beispielsweise über engere wirtschaftliche Kontakte reden können. Dass wir nach wie vor das politische System von Lukaschenko ablehnen, versteht sich von selbst.

Wenn man jetzt weniger den moralischen Anspruch nach vorne schiebt, sondern einfach von Interessenpolitik spricht, so kann es doch nicht im westlichen Interesse sein, Lukaschenko in die Arme Moskaus zu treiben?

Davon kann ja gar keine Rede sein. Wir müssen streng voneinander trennen: In Weißrussland gibt eine Diktatur und in Russland ein Verhalten von Gazprom, das für westliche Verhältnisse auch nicht zu akzeptieren ist. Wenn man Streitigkeiten im Vertragsbereich hat, dann müssen die geklärt werden, aber dann kann man den Öl- oder den Gashahn nicht zudrehen. Das widerspricht unserem westlichen Verständnis von guten wirtschaftlichen Beziehungen. Selbst wenn man anerkennt, dass es Vertragsschwierigkeiten gibt, dann muss man die lösen. Aber man kann die Hähne nicht zudrehen.

Kommen wir zurück zur weißrussischen Opposition. Die ist sehr zerstritten. Kann der Westen da helfen?

Nein. Ich rate, dass wir uns da zurückhalten. Ich habe in meinen Gesprächen dafür geworben, dass eine politische Opposition in einer Diktatur nur erfolgreich sein kann, wenn sie versucht, beieinander zu bleiben. Nun ist ja die Bandbreite der politischen Opposition von links bis konservativ angesiedelt. Ich glaube aber, dass es einen Punkt gibt, auf den sich alle verständigen können: Nämlich diese Diktatur zu überwinden. Es wäre wünschenswert, dass die Opposition bei diesem Ziel beieinander bleibt.

Deutschland hat momentan die EU-Ratspräsidentschaft inne. Spielt da Weißrussland eine Rolle?

Weißrussland spielt direkt überhaupt gar keine Rolle, weil ja die politischen Beziehungen der Europäischen Union zu Weißrussland sehr reduziert sind. Wir haben Visa-Verbote für einige Dutzend Angehörige aus dem Führungsclan in der Diktatur ausgesprochen, weil wir glauben, dass sie Menschenrechte verletzt haben. Das ist die Ausgangslage, vor der die Verhandlungen zwischen der EU und der Situation in Weißrussland zu beurteilen sind. Aber selbstverständlich habe ich die Kanzlerin, weil sie die Vorsitzende der CDU ist, und ich ihr Generalsekretär, über meine Gespräche breit informiert.