Was tun mit Dschihadisten?
Etwa 650 Personen aus Deutschland sind nach Informationen der Sicherheitsbehörden nach Syrien gegangen, um dort für die Terrororganisation Islamischer Staat zu kämpfen. Ungefähr ein Drittel ist inzwischen wieder zurückgekommen. Die Behörden stellt das vor große Probleme. Sie meinen, dass derzeit von etwa 300 Personen in Deutschland eine Terrorgefahr ausgeht. Deswegen müssten diese Personen kontrolliert werden. Aber eine Überwachung aller, meint Ulf Küch von der Polizei Braunschweig, ist für die Polizei unmöglich.
Oft kommt es auch zu Gerichtsverfahren gegen die Dschihadisten. Doch Gefängnisstrafen lösen das Problem nicht unbedingt. Für Marwan Abu-Taam vom Landeskriminalamt Mainz stellt sich die Frage: „Werden diese Leute die Möglichkeit haben, in der JVA radikalisierend auf andere einzuwirken?“ Die Sicherheitsbehörden setzen deshalb neben Überwachung und Strafen auch auf Sozialarbeit und Beratungsangebote.
Vier Organisationen in Deutschland sind dafür zuständig. Violence Prevention Network (VPN) ist eine von ihnen. VPN unterstützt zum Beispiel Eltern dabei, die Rückkehr ihrer Kinder aus Syrien zu organisieren. Die Organisation arbeitet aber auch präventiv, zum Beispiel an Schulen. So will man Jugendlichen zeigen, dass Religion und Extremismus nichts miteinander zu tun haben, sagt Thomas Mücke, der Leiter.
Ein großes Ziel ist die Deradikalisierung der Personen, von denen eine große Terrorgefahr ausgeht. Zu denen gehören auch die Rückkehrer aus Syrien. Sobald sie in Deutschland ankommen, versuchen die Berater, mit ihnen zu arbeiten. Sie wollen verhindern, dass sie hier wieder mit Extremisten in Kontakt kommen. Auch wenn die Personen ins Gefängnis kommen, werden sie weiter betreut. Nur eines fragen die Berater nicht: Was die Rückkehrer in Syrien getan haben: „Sonst kämen wir in die Situation einer Zeugnispflicht und könnten unsere pädagogische Aufgabe nicht wahrnehmen“, so Thomas Mücke.
Glossar
Dschihadist, -en/Dschihadistin, -en (aus dem Arabischen) – ein Moslem, der sich aus religiösen Gründen an Kriegen beteiligt oder Gewalt gegen andere anwendet
Terror (m., nur Singular) – das Anwenden von Gewalt, um politische oder religiöse Ziele zu erreichen
jemanden vor ein Problem stellen – dafür sorgen, dass jemand ein Problem hat
auf etwas setzen – hier: etwas für sehr wichtig halten und sich deshalb dafür entscheiden
von jemandem aus|gehen – von jemandem kommen
Überwachung, -en (f.) – die Kontrolle von Personen
Gerichtsverfahren, - (n.) – der Prozess, bei dem jemand wegen etwas vor Gericht ist
Landeskriminalamt, -ämter (n.) – eine Behörde der Polizei, die es in jedem Bundesland gibt
JVA,( -s) (f.) – Abkürzung für Justizvollzugsanstalt, ein Gefängnis
sich radikalisieren – hier: immer stärkere und gewalttätigere Mittel anwenden, um etwas zu erreichen
auf jemanden ein|wirken – jemanden beeinflussen
für etwas zuständig sein – Verantwortung für etwas haben
Rückkehr (f., nur Singular) – das Zurückkommen
präventiv – so, dass man verhindern will, dass etwas passiert
Extremismus (m., nur Singular) – eine extreme politische oder religiöse Haltung/Meinung zu etwas (Person: Extremist, -en/Extremistin, -nen)
nichts miteinander zu tun haben – in keiner Verbindung zueinander stehen
Deradikalisierung (f.) – der Prozess, in dem jemand, der gewalttätig war, diesen Weg zunehmend ablehnt (Gegenteil: Radikalisierung)
Zeugnispflicht, -en (f.) – die Pflicht, vor Gericht zu sagen, was man über die Straftaten einer anderen Person weiß
etwas wahr|nehmen – hier: etwas machen
Fragen zum Text
1. Was steht im Text?
a) Ungefähr 650 radikale Moslems leben in Deutschland.
b) Die Sicherheitsbehörden meinen, dass die Terrorgefahr nicht hoch ist.
c) Nicht alle Syrienrückkehrer können von der Polizei kontrolliert werden.
2. Im Gefängnis …
a) sind die Extremisten gut unter Kontrolle und können niemandem gefährlich werden.
b) haben Extremisten vielleicht Gelegenheit, andere von ihren religiösen Ideen zu überzeugen.
c) können die Behörden radikalisierend auf sie einwirken.
3. Was stimmt nicht? Die Berater …
a) helfen den Familien, die Jugendlichen aus den Kriegsgebieten zurückzuholen.
b) arbeiten mit Schülern, um zu verhindern, dass sie sich radikalisieren.
c) überzeugen die Rückkehrer, eine andere Religion zu wählen.
4. Wenn die Berater mit den Rückkehrern über ihre Taten in Syrien … , … sie ihre pädagogische Arbeit nicht machen.
a) sprechen würden … könnten
b) sprachen … können
c) sprechen … konnten
5. Welche Form ist nicht Konjunktiv II? Wenn alle Extremisten ins Gefängnis … , wäre das Problem auch nicht gelöst.
a) kamen
b) kommen würden
c) kämen
Arbeitsauftrag
Die deutschen Sicherheitsbehörden haben mit Dschihadisten, die aus Syrien zurück nach Deutschland kommen, große Probleme. Wie ist die Situation in eurem Land? Gibt es bei euch viele Menschen, die sich radikalisiert haben? Wie gehen die Behörden in eurem Land mit dem Problem um? Diskutiert im Kurs.