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Glaube

Was hält mich?

30. Juli 2021

Wie lange hält man die Angst aus? Und den Kampf um das Leben? Woran kann man sich halten, wenn eine überstandene Krankheit wiederkommt? Existentielle Fragen für die Autorin.

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Kernspinaufnahmen eines Gehirns
Bild: Colourbox

Eine Laune der Natur

Mein Tumor ist zurück. Er macht sich über die Wirbelsäule her und ersetzt die harten Wirbelkörper durch weiche Tumormasse. Nichts, was man gebrauchen könnte.

Vor sieben Jahren habe ich durch den Tumor bereits zwei Wirbelkörper eingebüßt. An der Stelle wird die Wirbelsäule jetzt durch einen 6 cm hohen Titanblock überbrückt. Und rechts und links der Wirbelsäule sind Titanstangen eingeschraubt, damit ich stabil bin. Ich hatte mich damit arrangiert. Etwas steif, aber immerhin beweglich, nicht querschnittsgelähmt. Gehen, Rad fahren, schwimmen, alles funktionierte.

Warum ich? Warum lässt Gott das zu? – Diese Fragen habe ich mir damals nicht gestellt. Das war eben so. Eine Laune der Natur. Und ist ja gut ausgegangen.

 

Was soll das?

Nun ist er wieder da, der Tumor. Er ist nicht „bösartig“, also kein Krebs, verteilt keine Metastasen in andere Organe. Immerhin. Aber ein Tumor, der nach und nach die Wirbelsäule zerstört, wirkt sich trotzdem ausgesprochen böse aus. Wenn man seiner nicht Herr wird. Ein Teil des Tumors konnte heraus operiert werden. Die alten Titanstangen mussten durch längere Stangen ersetzt werden. Nun ist mein Rücken noch mehr versteift. Der Rest des Tumors wurde bestrahlt. In der Hoffnung, dass er in seiner Aktivität zerstört wird und nie wieder kommt. Wenn die Bestrahlung nicht anschlägt, dann wächst er weiter – mit allen seinen bösen Auswirkungen. Jetzt frage ich mich doch: Was soll das? Warum kommt der noch mal wieder? Aber wer soll mir diese Fragen beantworten? So ein Tumor ist eben da, in meinen Knochen.

 

Lass diesen Kelch an mir vorübergehen

Was trägt mich da durch? Der Glaube an Gott? An Gott, den Schöpfer, der das Leben gut gemacht und mich in dieses Leben gerufen hat? Der Glaube an Jesus Christus, der mein Leben erlöst hat von allem Bösen? Der Glaube an den Heiligen Geist, der mir Kraft für dieses Leben gibt?

Ja, was? Vor allem tragen mich die anderen. Die Freunde, Familie und die vielen anderen, die sagen: „Ich bete für dich.“ Auch die muslimischen Freunde trösten mich: „Du bist fünfmal am Tag in meinen Gebeten!“ Das alles bedeutet mir sehr viel. Ich fühle mich ungefähr so wie der Gelähmte damals, den seine Freunde zu Jesus getragen haben. Sie hofften, ja, sie waren überzeugt, dass der ihn wieder gesund machen wird. Hat Jesus auch gemacht.

Überhaupt die ganz konkreten Dinge helfen mir: Grüße im Briefkasten, Blumen vor der Tür, gekochtes Mittagessen, mitfühlende und heitere Nachrichten per Handy. Alle diese liebevolle Begleitung und tatkräftige Unterstützung von Familie und Freunden in der Nähe und in der Ferne machen mir das Leben hell.

Das andere, das mich trägt, ist Jesus. Dieser Mensch gewordene Gott. Der das Leben kennt. Der das Leiden kennt. In verborgenen Momenten spreche ich mit ihm: „Bitte, lass den Tumor verschwinden! Kein weiteres Wachstum, keine Querschnittslähmung, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Jesus selbst hat so gebetet zu Gott, seinem Vater: „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen!“ Ich weiß, mancher Kelch ist nicht an ihm vorüber gegangen. Trotzdem bitte ich darum. Jesus kennt das Leben und das Leiden und das Heilen. Er soll sich um meinen Tumor kümmern.

 

Antje Borchers arbeitet als Redakteurin in der Kommunikationsabteilung eines Unternehmens.

Vorher hat sie eine Agentur für Unternehmenskommunikation betrieben und davor als Chefredakteurin einer christlichen Jugendzeitschrift gearbeitet. Seitdem macht sie auch Radio, zum Beispiel Morgenandachten. Zu Beginn ihres Berufslebens war sie im schönen Idstein im Taunus und hat dort als Gemeindediakonin die Jugendarbeit der evangelischen Kirchengemeinde geleitet.

Sie wohnt mit ihrem Mann in Lemgo/Lippe.