Das Geld der Evangelischen Kirche
14. November 2013"Eigentlich haben wir auf den Finanzskandal um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst gar nicht reagiert", sagt Thomas Begrich, Finanzabteilungsleiter im Kirchenamt der Evangelischen Kirche Deutschland, EKD. Und zwar nicht aus Passivität, so Begrich im Gespräch mit der Deutschen Welle, sondern weil sich die evangelische Kirche schon seit der Reformationszeit um Offenheit in Sachen Finanzen bemühe. "Bei uns ist es so, dass es solche Bischöflichen Stühle nicht gibt. Es gibt nur den Haushalt der Landeskirche oder den der EKD und den Haushalt der Kirchengemeinden. Und diese Haushalte werden alle von Synoden oder Kirchenvorständen, also gewählten und entsandten Gremien aufgestellt, genehmigt und verabschiedet und sie werden von unabhängigen Einrichtungen kontrolliert." Deswegen gebe es keine heimlichen Vermögen, betont Begrich.
Hannover reagiert mit Informationsoffensive
Die größte evangelische Landeskirche in Deutschland hat indes sehr deutlich auf den Skandal um die katholische Bischofsresidenz in Limburg reagiert. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers verteilte an ihre mehr als 1.200 Gemeinden zwischen Göttingen und Cuxhaven umfangreiches Info-Material über den Umgang der Kirche mit Geld. Das sagte ihr Sprecher Johannes Neukirch in der vergangenen Woche dem Evangelischen Pressedienst, epd, und sprach von einer Informationsoffensive. Zahlreiche Pastorinnen und Pastoren hätten Anfragen besorgter Gemeindemitglieder, führte Neukirch aus. Sie wollten wissen, was die Kirche mit ihrem Geld macht und ob so etwas wie in Limburg auch bei ihnen möglich sei. Außerdem waren nach dem Limburger Finanzskandal auch aus der evangelischen Kirche viele Menschen ausgetreten.
Mammutunternehmen Evangelische Kirche
Das Finanzvolumen der evangelischen Kirchen Deutschlands ist gewaltig. Rund 10 Milliarden Euro stehen den 20 evangelischen Landeskirchen und fast 16.500 Gemeinden jedes Jahr für ihre Arbeit zur Verfügung. Die Hälfte davon stammt aus den Einnahmen durch Kirchensteuern und Gemeindebeiträgen. Der Rest setzt sich aus Gebühren für soziale Einrichtungen, Fördermitteln, Spenden und Staatsleistungen zusammen.
Bei den Staatsleistungen handelt es sich um Zahlungen der Bundesländer, die die evangelische und die katholische Kirche als Entschädigung für enteigneten Besitz im 19. Jahrhundert erhalten, Schätzungen zufolge rund 480 Millionen Euro jährlich. Genaue Zahlen gibt es nicht. Auf die evangelische Kirche entfallen davon je nach Quelle 250 bis 280 Millionen Euro. Im Grundgesetz ist festgelegt, dass diese staatlichen Verpflichtungen eines Tages abgelöst werden. Ernsthaft angegangen wurde das Thema von der Politik bisher allerdings nicht. obwohl es in den vergangenen Jahren immer wieder entsprechende Forderungen gab. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland sei für eine Abschaffung dieser Staatsleistung, sagte erst kürzlich deren Vorsitzender Nikolaus Schneider. Allerdings nur bei einer entsprechenden Kompensation. Das würde bedeuten, dass die Länder eine Einmalzahlung an die beiden großen Kirchen leisten, die bei einem Vielfachen der bisherigen pro Jahr gezahlten Summe läge.
Frerk: Auch die evangelische Kirche besitzt Sondervermögen
Der Politologe und Publizist Carsten Frerk hält diese Kompensation für stark übertrieben. Die Kirchen, so Frerk im Gespräch mit der DW, hätten über Jahrzehnte davon profitiert, dass die Politiker sich nicht um eine Abschaffung der Staatsleistung gekümmert hätten. Würde man jetzt ein Vielfaches als Ablösung zahlen, sei dass nichts anderes als eine Verlagerung in den Bereich der Kirchen. Die bekämen dadurch so viel Geld als Kapital, von dem sie dann in der Zukunft die alljährliche Staatsleistung selbst finanzieren könnten. Frerk kritisiert, dass die evangelische Kirche fast genauso intransparent mit ihren Finanzen umgeht wie die römisch-katholische Kirche. "Es gibt in beiden Kirchen ein Sondervermögen in Form von Immobilien und Firmen, das nirgends erscheint."
EKD- Finanzabteilungsleiter Begrich bestreitet das vehement. Die Evangelische Kirche in Deutschland besitze zwar Kirchengebäude und Tagungsstätten, Immobilien, aber gebe es, wenn überhaupt, nur wenige. "Es gibt kein Vermögen, das nicht bekannt ist.", betont der EKD-Vertreter. Carsten Frerk weist zum Beleg seiner Behauptung auf die Homepage der EKD www.kirchenfinanzen.de hin, die die Finanzausgaben und Einkünfte auflistet. Dort findet sich in der Tat ein Einnahme-Posten unter dem Titel "Vermögenseinnahmen (Mieten, Pachten, Kapitalerträge)". "Und wenn die EKD sagt," so betont Frerk, "in den Einnahmen seien 750 Millionen Euro aus Vermögenseinnahmen, dann können Sie mal hochrechnen, was für ein Vermögen dahinter steht."
Dass die evangelische Kirche wegen des großen öffentlichen Interesses mehr Transparenz braucht in der Verwaltung ihrer Finanzen, sieht auch Thomas Begrich. Deshalb werde man demnächst die Buchführung auf ein anderes System umstellen, damit die Zahlen klarer und für alle zugänglich würden.