Wahlen in Ägypten: Schlange stehen für die Demokratie
24. Mai 2012"Ich muss an dieser Entscheidung über den Präsidenten teilnehmen und hoffe, dass das zu Stabilität und zu der Veränderung führt, die nötig ist“ sagte Chaeld Abdu, ein 25-jähriger Ingenieur. Er war schon am Mittwoch ins Abstimmungslokal gekommen, musste wegen des starken Andrangs aber wieder gehen. Am ersten Wahltag hatte es nach Schätzungen des Nachrichtenportals „youm“ eine Wahlbeteiligung von 25 Prozent gegeben, die Wahllokale wurden eine Stunde später geschlossen als geplant. Auch am zweiten Tag haben sich vor vielen Wahllokalen lange Schlangen gebildet. Rund 50 Millionen Ägypter können bis Donnerstagabend die Zukunft ihres Landes mitbestimmen.
Der Nahost-Experte Stephan Roll ist davon überzeugt, dass das Militär in Ägypten die Wahl nicht manipuliert. Das Militär werde das Ergebnis akzeptieren, sagte der Forscher dem Deutschlandradio Kultur. Dennoch seien Unregelmäßigkeiten nicht ausgeschlossen.
Friedlicher Wahlen als sonst
Bisher gibt es nach Angaben der staatlichen Medien 28 Verletzte. Diese Zahl liegt deutlich unter dem Gewaltniveau früherer Wahlen in Ägypten. Auch die Zahl der Beschwerden über Bestechung und Wählerbeeinflussung war bisher geringer.
Der Kandidat Ahmed Schafik wurde in Kairo vor einem Wahllokal bedrängt und mit Schuhen beworfen. Er gilt als Getreuer des gestürzten Ex-Präsidenten Husni Mubarak und wird deshalb von Islamisten und der Revolutionsjugend als Gegner gesehen.
Neben Schamik treten elf andere Kandidaten zur Wahl an. Gute Chancen werden unter anderem Amr Mussa, Chef der arabischen Liga, dem früheren Muslimbruder Abdel Moneim Abul Futah und dem linken Aktivisten Hamdien Sabbahi zugesprochen.
Das Wahlergebnis wird für Samstag erwartet. Doch selbst kundige Beobachter können den Ausgang der Abstimmung schlecht voraussehen. Als wahrscheinlich gilt aber, dass keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen bekommt und es daher am 16. und 17, Juni zu einer Stichwahl kommen wird.
Der neue Präsident soll am 1. Juli sein Amt antreten. Das Land war zuvor 30 Jahre lang von Husni Mubarak geführt worden. Er musste im Februar 2011 nach wochenlangen Massenprotesten zurücktreten, danach übernahm ein Militärrat die Macht. Alle bisherigen Präsidenten Ägyptens stammen aus der Armee.
rk /gmf (rtr,dpa, kna, afp)