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Von einem anderen Stern

Sabina Casagrande / (reh)8. Januar 2003

Bei dieser Boyband gibt es keine Ratespielchen – alle Mitglieder von "Marilyn’s Boys" geben offen zu: Sie sind schwul. Aber ihre Musik ist nicht nur für Männer gemacht, sondern für alle.

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Marilyn's Boys singen nicht nur für MännerBild: Marilyn's Boys

Die sexuellen Vorlieben sind bei Boygroups schon immer ein kleines Geheimnis gewesen. Robbie Williams liebte es, mit seinem sexuellen Image zu spielen. Und als sich Steven Gately von "Boyzone" und Eloy de Jong von "Caught In The Act" 1999 als Paar outeten, brach für tausende vorpubertärer Mädchen die Welt zusammen. Das allerdings wird bei "Marylin’s Boys" nicht passieren. Die fünf Twens tragen ihre Homosexualität offen zur Schau. Doch sie soll nicht im Mittelpunkt stehen, sagt Bandmitglied Jeremy Golledge. "Was unsere Musik angeht, so hat die Tatsache, dass wir schwul sind, nichts damit zu tun", erzählt er DW-WORLD im Interview. "Wir wollen nicht nur Schwule ansprechen. Wir machen Mainstream-Musik und versuchen, damit jeden zu erreichen."

Natürlich entsprechen die Jungs diversen Stereotypen – wie bei jeder Boy- oder Girlgroup. "Ich zum Beispiel bin mehr der George-Michael-Typ. Jeder von uns spielt seine eigene Rolle", sagt Jeremy. Er ist 25 Jahre alt, in London geboren und aufgewachsen. Andrim Emini (20) ist mazedonischer Herkunft. Ruan Ratnatunga (24) hat seine Wurzeln in Sri Lanka, und der Kanadier Yves Steinhauer (26) verbrachte seine Kindheit in Luxemburg. Wie Rico Hoffmann (23 und Neu-Kölner) wohnen aber alle vier in Deutschland. "Die verschiedenen Nationalitäten sind echt ein Glücksgriff", sagt Manager und Produzent Swen Gutknecht. "Dadurch kann jeder seinen persönlichen Favoriten finden."

Eine neue Marktnische

Retorten-Bands haben Erfolg in Deutschland. Die Girlgroup "No Angels" und die multikulturelle, weiblich-männliche Crew von "Bro’Sis" räumen auf ihrem heimatlichen Musik-Markt ab. Doch das Platten-Label "Edel Music" konzentrierte sich auf einen anderen Sektor: "Sie wollten fünf Jungs finden, die schwul sind und kein Problem damit haben", erklärt Jeremy. Mehr als tausend Männer meldeten sich im Laufe der Casting-Tour durch Deutschland.

Ein Wettbewerb, um einen Namen für die Gruppe zu finden, erfüllte die Erwartungen bei "Edel" allerdings nicht. "Alle Vorschläge, die reinkamen, waren so typisch Boygroup-mäßig", sagt Jeremy. Das Label wollte etwas ausgefalleneres. Eines Tages kam das Gespräch auf den 40. Todestag von Marilyn Monroe – und den Verantwortlichen war an einer Anspielung auf eine Ikone gelegen. So wurde der Name "Marilyn’s Boys" geboren.

Kein Fabrik-Pop

Die Band macht sich keine Sorgen, dass die Homosexualität ihre Fangemeinde arg begrenzen könnte. Bei einem Konzert in Dresden, sagt Jeremy, waren die ersten, die nach der Show zu ihnen kamen, eine Gruppe männlicher Teenies. "Und sie legten uns den Arm um die Schulter und sagten, wie super wir seien. Aber Mädchen haben genauso nach Autogrammen gefragt", berichtet er. "Also war das mit dem Schwulsein kein Thema."

Jeremy betont, dass die Bandmitglieder alle eine eigene Karriere hatten, bevor sie zu "Marilyn’s Boys" wurden. "Es ist die Stärke der Band, dass sie alle leidenschaftliche Musiker sind", sagt Manager Gutknecht. "Sie können sich gut verkaufen und lieben es, vor Publikum aufzutreten." Diese Gemeinsamkeit ist es, die die fünf Mitglieder – die sich vorher alle nicht kannten – zusammenhält, erklärt Jeremy. "Von dem Moment an, als wir ausgewählt wurden, sind wir eine Familie geworden." Die erste Single, "I Give You The Stars", wurde am 6. Januar veröffentlicht. Eine zweite ist schon in Arbeit. Ob man die sexuelle Orientierung einer Band ausnutzen kann, um sie zu promoten – das muss nun das Publikum entscheiden.