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Von den Ängsten des Kremlchefs

6. Juli 2012

In Russland soll ein Gesetz Nichtregierungsorganisationen dazu verpflichten, sich als ausländische Agenten registrieren zu lassen. Bürgerrechtler sind empört, NGOs fürchten, als Spione stigmatisiert zu werden.

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Soldat auf dem Roten Platz in Moskau (Archiv)
Bild: Fotolia/Moreno Novello

323 Ja-Stimmen, vier Ablehnungen und eine Enthaltung. Der Kurs der Duma, der von der regierenden Partei "Geeintes Russland" bestimmt wird, ist eindeutig: Fast alle Mitglieder stimmten in der ersten Lesung für das neue Gesetz. Das weitere parlamentarische Verfahren - die Abstimmung in zweiter und dritter Lesung und die Unterschrift des Präsidenten Wladimir Putin - gilt nur noch als Formsache. Das heißt: In Zukunft müssen sich Organisationen, die politisch in Russland arbeiten und vom Westen finanziert werden, “ausländische Agenten“ nennen.

In der Praxis bedeutet dies für die Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen, dass sie ihre Hilfen aus dem Ausland offenlegen müssen. Andernfalls müssen sie mit Geld- oder sogar Haftstrafen rechnen. Menschenrechtler befürchten, dass sie als Spione ausgegrenzt und verfolgt werden.

Gesetz sei "verfassungswidrig"

Bürgerrechtler klagen, dass Präsident Wladimir Putin seit seiner Rückkehr in den Kreml im Mai schärfer gegen Kritiker vorgehen lässt. Erst vor wenigen Wochen hatte die Duma drastischere Geldstrafen für Verstöße gegen das Demonstrationsrecht erlassen. Auch die einflussreiche orthodoxe Kirche forderte die Annahme des Gesetzes als “wichtiges Instrument gegen antirussische Politik“ und Spionage.

Patriarch von Moskau und der ganzen Russen und damit der Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche ITAR-TASS
Die orthodoxe Kirche befürwortet das neue GesetzBild: picture-alliance/dpa

Das geplante Gesetz richte ein falsches Signal an politisch aktive Bürger, kritisierte der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU). Der Menschenrechtsbeauftragte des Kreml, Michail Fedotow, bezeichnete den Entwurf als verfassungswidrig.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International protestiert gegen das geplante Gesetz. Es sei ein “schwerer Schlag gegen eine unabhängige Zivilgesellschaft in Russland“, sagte Peter Franck, Russland-Experte von Amnesty International. “Mit dem Begriff politische arbeitende Organisationen zielt das Gesetz offenbar auf unabhängige Organisationen, die wichtige Menschenrechtsarbeit leisten und mit denen Amnesty International seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet“, so der Experte weiter.

nem/ml (dpa, afp)