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Die Rückkehr der Schallplatte

1. September 2009

Die Schallplatte feiert ein erstaunliches Comeback. Mit Einführung der CD war ihr ein jähes Ende prophezeit worden, jetzt sinken die CD-Verkäufe, während Vinyl wieder gefragt ist.

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Mann vor zwei Plattentellern (Foto: DW)
Die Rückkehr der SchallplatteBild: DW/Karmik

Die Zahlen sprechen für sich: In Deutschland stieg die Zahl der verkauften Langspielplatten in den letzten Jahren von 600.000 (2006) auf 900.000 (2008) an. In den USA wurden 2008 sogar knapp zwei Millionen LPs vekauft, fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Da die Erhebungen der Marktforschungsunternehmen viele kleine Plattenläden nicht berücksichtigen, dürfte die Anzahl verkaufter Schallplatten sogar weit höher liegen. Sogar der stets pessimistisch gestimmte Bundesverband der deutschen Musikindustrie rief in seiner letzten Bilanz das "Comeback des Jahres“ für die LP aus.

Aufwertung der Musikindustrie

Ausstellung von Künstlerschallplatten in Berlin (Foto: dpa)
Ausstellung von SchallplattenBild: picture-alliance/ dpa

Die Konjunktur der Vinylplatte kommt der arg gebeutelten Musikindustrie gerade recht. Durch den anhaltenden Boom illegaler Downloads musste sie in ihrem Kerngeschäft, dem CD-Verkauf, schwere Einbußen in Kauf nehmen. Damit einher gingen Ansehensverluste. Der Umsatzrückgang wird durch den gegenwärtigen Vinyl-Boom zwar kaum kompensiert - das LP-Geschäft macht gerade mal ein Prozent des Gesamtumsatzes auf dem deutschen Musikmarkt aus – aber der Tonträger als solcher wird aufgewertet.

Vinyl als Nachhaltigkeitsmodell

Im Gegensatz zur löschbaren mp3-Datei, wie sie die Download-Kultur etabliert hat, ist die Schallplatte ein Nachhaltigkeitsmodell. Das zudem ästhetisch befriedigender ist, als die kleine CD mit ihrem optisch wenig ansprechendem Booklet. Die meisten Kunden können nicht nachvollziehen, warum eine brandaktuelle CD 17,99 Euro kostet, die dann zwei Monate später verramscht wird. Da kaufen sie lieber eine Platte mit schönem Cover, die ist viel seltener und hat für sie mehr Wert.

Raritätenkultur

Plattenladen (Foto: DW)
Schallplatten sind gefragtBild: DW/Karmik

Vergleicht man die Auflagen der goldenen Vinyl-Ära mit denen von heute, dann ist der Unterschied allerdings frappierend. So trug eine Supertramp-Compilation aus den 80er Jahren damals einen Sticker mit der Aufschrift "limitierte Auflage - nur 100.000 Stück". Heute beläuft sich die durchschnittliche Auflagenhöhe auf gerade mal 1000 bis 2000 Stück pro LP - egal ob es sich dabei um Major-Label-Produkte von U2, Radiohead und Udo Lindenberg handelt oder um Platten von kleinen Indie-Labels.

Gerade die sorgen mit Neuveröffentlichungen und Nachpressungen von lizenzierten Pop-Klassikern schon seit geraumer Zeit für den größten Ausstoß an Schallplatten. Dass der Boom bald wieder vorbei ist, glaubt Thomas Rhein, Geschäftsführer des Kölner Plattenladens "Parallel", nicht: "In Zeiten, wo man sich fast alles runterladen oder auf CD brennen kann, bleibt die Schallplatte etwas Besonderes."

Mangelnde Pressqualität

Schallplattenpresswerk (Foto: DW)
SchallplattenpresswerkBild: DW/ Benjamin Braden

So besonders Schallplatten auch sind, dass sie tatsächlich auch besser klingen als CDs, bleibt ein Mythos. Denn allzu oft lässt bei den heutigen Vinyl-Pressungen die Pressqualität zu wünschen übrig. Anscheinend hat man das Handwerk verlernt oder es wird geschludert. Die Gründe liegen auf der Hand: Die wenigen, verbliebenen Presswerke sind überlastet und können die gestiegene Nachfrage kaum mehr bewältigen.

Autor:Olaf Karnik
Redaktion: Katja Lückert