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Viagra kauft Botox

23. November 2015

Der amerikanische Viagra-Hersteller Pfizer übernimmt für 160 Milliarden Dollar den irischen Botox-Produzenten Allergan. Durch diese Rekordfusion entsteht der größte Pharmahersteller der Welt.

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Viagra Tabletten
Bild: picture-alliance/dpa

Der US-Pharmariese und das in Irland ansässige Unternehmen einigten sich nach eigenen Angaben vom Montag auf eine Fusion. Der Kauf ist der bisher größte Firmenzusammenschluss des Jahres 2015 sowie der größte in der Geschichte der Pharmaindustrie. Kritik dürfte die Liaison aber in der US-Politik auslösen, weil Pfizer seinen Konzernsitz ins steuerfreundliche Irland verlagern will.

Pfizer-Chef Ian Read wollte den Konzern schon lange formal außerhalb der USA anzusiedeln. Der Fiskus greift dort stärker zu als in Irland, wo Allergan seinen Sitz hat. Allergan selbst war erst vor wenigen Monaten aus der 66 Milliarden Dollar schweren Übernahme des gleichnamigen US-Konzerns durch den irischen Konkurrenten Actavis entstanden, der sich danach in Allergan umbenannte.

Übernahmefieber in der Branche

Der heute 62-jährige Read hatte es schon auf die britisch-schwedische AstraZeneca abgesehen, war aber vor rund eineinhalb Jahren trotz eines Gebots von 118 Milliarden Dollar gescheitert. Zuletzt hatte die US-Regierung zwar mit einem neuen Gesetz versucht, steuersparenden Konzernumzügen einen Riegel vorzuschieben. Doch Experten zufolge dürfte dies einer Fusion von Pfizer und Allergan nicht im Weg stehen.

Mit dem Zusammenschluss kommen nicht nur Viagra und Botox, sondern eine Reihe weit verbreiteter Schmerzmittel, Alzheimer-Präparate, Blutfettsenker und Augenarzneien unter ein Dach. Der Pharmagigant wird jährlich Umsätze von mehr als 60 Milliarden Dollar erzielen und Novartis aus der Schweiz vom Spitzenplatz des weltgrößten Herstellers verschreibungspflichtiger Medikamente verdrängen.

Hohe Forschungskosten

Die Pharmabranche ist seit längerem im Übernahmefieber. Unter anderem heizen hohe Forschungskosten und der Ablauf von Patenten auf lukrative Medikamente die Fusionswelle an. Erst im Juli hatte der weltgrößte Generika-Anbieter Teva angekündigt, für 40,5 Milliarden Dollar die Nachahmer-Medikamente von Allergan zu kaufen.

Pfizer selbst ist zwar groß, aber in der Defensive: Seit einiger Zeit schon haben die Amerikaner in der Arzneiforschung keinen wirklichen Kassenschlager mehr hervorgebracht. Jüngst gab das New Yorker Unternehmen 15 Milliarden Dollar für den US-Rivalen Hospira aus.

Mit einem Kauf von Allergan treibt Pfizer das Volumen von Fusionen und Übernahmen in der gesamten Gesundheitsbranche dieses Jahr auf mehr als 600 Milliarden Dollar. Damit übertrifft das Zukaufsvolumen in der Pharmabranche die Zukaufvolumina in der Energie- und der High-Tech-Branche.

Pfizer wird sich zudem in die Riege der größten Übernahmen aller Zeiten einreihen, die noch immer vom Kauf der deutschen Mannesmann AG durch die britische Vodafone im Jahr 1999 für 203 Milliarden Dollar angeführt wird. Auch die bisherige Top-Fusion des Jahres 2015, der Kauf des Bierbrauers SABMiller durch den Konkurrenten Anheuser-Busch Inbev für über 100 Milliarden Dollar, wird mit dem neuen Deal in den Schatten gestellt.

wen/bea (rtrd, dpa)