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Politik

Letzte Schlacht zwischen Bolsonaro und Lula

29. Oktober 2022

Im letzten TV-Rededuell vor der Stichwahl bewarfen sich Brasiliens ultrarechter Staatschef und sein linksgerichteter Herausforderer noch einmal so richtig mit Schlamm. Der Informationswert tendierte dagegen gegen null.

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Trotz "staatstragender Gesten" gönnten sich Präsident Jair Bolsonaro und Herausforderer Luiz Inacio Lula da Silva absolut nichts
Trotz "staatstragender Gesten" gönnten sich Präsident Bolsonaro und Herausforderer Lula da Silva absolut nichts Bild: MAURO PIMENTEL/AFP

Vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Brasilien an diesem Sonntag haben sich der ultrarechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro (67) und sein linksgerichteter Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva (77) in einer Fernsehdebatte einen letzten Schlagabtausch geliefert. In dem gut zweistündigen Fernsehrededuell beschuldigten sich die beiden Kandidaten am Freitagabend vor allem gegenseitig der Lüge.

Lula, der bereits von 2003 bis 2011 Präsident war, nannte Bolsonaro den "größten Lügner in der Geschichte Brasiliens" und warf ihm vor, "unausgeglichen" zu sein. Bolsonaro seinerseits sagte, sein Gegner müsse sich die Lügen austreiben lassen. Bolsonaro nannte Lula zudem einen "Banditen", der sich für den Anwalt der Armen halte. Hintergrund: Lula verbrachte wegen seiner Verwicklung in den Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras 2018 und 2019 insgesamt 18 Monate im Gefängnis. Vergangenes Jahr wurden die gegen ihn verhängten Urteile vom Obersten Gerichtshof Brasiliens aus formalen Gründen aufgehoben.

"Brasilien ist zu einem Paria geworden"

Lula griff seinen Gegner nun auch wegen dessen Außenpolitik an - ein Thema, das in den vorangegangenen Fernsehdebatten so gut wie nie angesprochen worden war. "Unter deiner Regierung ist Brasilien zu einem Paria geworden. Niemand will dich empfangen und niemand kommt hierher", warf er Bolsonaro vor. Dieser lachte den Vorwurf erst einmal weg, um dann zu kontern: "Die arabische Welt empfängt mich mit offenen Armen. Ich habe vor einiger Zeit mit (US-Präsident) Biden gesprochen. Ich spreche mit allen. Hör auf zu lügen, Lula."

Der Herausforderer Luiz Inacio Lula da Sila
Für den vormaligen Staatschef Lula da Silva ist Brasilien unter Bolsonaro auch außenpolitisch schwächer gewordenBild: MAURO PIMENTEL/AFP

Bolsonaro brüstete sich mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Inflation, als Lula ihn in Wirtschaftsfragen ansprach. "Muss ich einen Exorzismus an dir durchführen, damit du aufhörst zu lügen?" Er wiederholte auch den Vorwurf, Lula sei ein "Abtreiber", der Drogen legalisieren wolle. Lula bekräftigte, dass er tatsächlich gegen Abtreibung sei - ein heikles Thema im sozialkonservativen Brasilien.

"Benutzen Sie Viagra?"

In einem anderen Teil der Debatte forderte Lula Bolsonaro auf, den Kauf von 35.000 Viagra-Pillen durch die Armee zu erklären, die zur Behandlung von Erektionsstörungen und, wie Bolsonaro erinnerte, von Prostataproblemen eingesetzt werden. "Benutzen Sie Viagra?" fragte Bolsonaro. Lula antwortete nicht. 

Der amtierende Präsident Jair Bolsonaro
Der amtierende Präsident Bolsonaro spielte auch wieder genüsslich die Opferrolle: "Das ganze System ist gegen mich" Bild: Erica Martin/TheNEWS2/ZUMA/picture alliance

Bolsonaro, der wiederholt behauptet hat, das brasilianische Wahlsystem sei von Betrug geplagt, erneuerte seine Anschuldigungen einer Verschwörung gegen ihn. "Das ganze System ist gegen mich", sagte Brasiliens Staatschef. In einem kurzen Interview nach der Debatte gab er jedoch eines seiner bisher klarsten Versprechen ab, das Wahlergebnis zu respektieren, sollte er verlieren. "Es gibt nicht den geringsten Zweifel: Wer die meisten Stimmen bekommt, gewinnt. Das ist Demokratie", sagte er. Bolsonaro war zuvor kritisiert worden, weil er gesagt hatte, er werde das Ergebnis respektieren, wenn es "nichts Abnormales" gebe.

Die Debatte wurde live auf TV Globo, dem größten brasilianischen Sender, übertragen. Octavio Guedes, ein Kommentator bei Globo News, konstatierte nach den Wortgefechten nüchtern: "Es war eine Anti-Debatte, es gab nichts, was den Stand der Dinge ändern würde,"

Brasilien vor Stichwahl ums Präsidentenamt

sti/AR (afp, ap, rtr)