1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Spektakel an Spitze der Frauen-Bundesliga

Alina Schwermer
17. Oktober 2021

Eintracht Frankfurt schlägt sensationell in letzter Minute die Frauen des FC Bayern. Die TSG Hoffenheim besiegt den VfL Wolfsburg. Die Tabellenspitze wird breiter. Und in Italien steht ein Underdog an der Spitze.

https://p.dw.com/p/41mrZ
Frauen Bundesliga | Eintracht Frankfurt vs. FC Bayern München, Frankfurt
Achterbahnfahrt: Nach 1:0 und 1:2 gewinnt Eintracht Frankfurt am Ende mit 3:2 gegen den FC BayernBild: Gawlik/Beautiful Sports/imago images

Gäbe es einen Gott und würde er Fußball lieben, er hätte wohl diesen Spieltag im Sinn gehabt: Zum ersten Mal seit Jahren ist derzeit an der Tabellenspitze der Frauen-Bundesliga alles möglich. Und den Begriff "Tabellenspitze" darf man im weiteren Sinne verstehen, sie umfasst nämlich gleich die ersten fünf von zwölf Klubs. Grund dafür sind einige überraschende Ergebnisse am 6. Spieltag: Erst setzten sich am Sonntag die Hoffenheimerinnen sehr ruhig und besonnen mit 2:1 gegen den VfL Wolfsburg durch. Die "Wölfinnen" offenbarten dabei vor allem in der ersten Halbzeit Schwächen. Nach vielen personellen Veränderungen ist das Team noch nicht auf Toplevel eingespielt, und Hoffenheim stieß immer wieder elegant nach vorne durch. Lena Oberdorf besiegelte schließlich mit einem unglücklichen Eigentor die Niederlage. Und dann siegte Eintracht Frankfurt in einer völlig irren Schlussphase gegen die Favoritinnen aus München mit 3:2. In der 83. Minute waren die Bayern-Frauen durch Maxi Rall noch in Führung gegangen, die Sache schien ihren gewohnten Gang zu gehen und erledigt. Doch dann drehten Laura Freigang (88.) und Sjoeke Nüsken (90.) die Partie doch noch in letzter Sekunde.

Die Tabelle ist damit ordentlich durcheinander geschüttelt. Die Bayern-Frauen führen nur noch knapp, punktgleich sind die starken Leverkusenerinnen - die allerdings noch gegen keines der Topteams gespielt haben - und als Dritte im Bunde Eintracht Frankfurt. Wolfsburg findet sich auf einem ungewohnten vierten Platz wieder, punktgleich mit Hoffenheim. Es herrscht also, was in so vielen Ligen schmerzhaft fehlt, echtes Spektakel um den Titel - wenn man davon nach nur sechs Spieltagen sprechen kann. Und noch eines an fünf so starken Teams ist mitreißend: An fast jedem Wochenende gibt es nominell ein Topspiel. Jetzt müssten die Deutschen nur noch einschalten. Vorbei die Zeiten, in denen die einzige echte Spitzenpartie Bayern gegen Wolfsburg war. Das bedeutet auch: Das Investment in der zweiten Reihe (Leverkusen, Frankfurt, Hoffenheim) zahlt sich aus. Es macht die Liga gleicher, jedenfalls vorerst. Und es zeigt auch: Die wirklichen Ungleichmacher sind die Gelder aus den internationalen Wettbewerben. Wenn die Frauen klug sind, begehen sie nicht denselben Fehler - und werden die Liga in Europa, in der es an der Spitze Spektakel gibt.

Werder Bremen verschafft sich Spielraum

Leidenschaft ist ein zutiefst abgedroschenes Wort im Abstiegskampf. Oben spielt man Taktiken, unten gibt es Kampf. Die Leidenschaft dient gewissermaßen als Entschädigung für das Leiden, dort unten stehen zu müssen, und als Entschuldigung. Ein billiger psychologischer Trick. Ausnahmsweise passend war der Begriff für das, was Werder Bremen beim 1:0-Sieg gegen die SGS Essen veranstaltete. Die ersten 25 Minuten gehörten dort auch eher der Kategorie Elend an: Die SGS schnürte die Gastgeberinnen passabel ein, diese schwammen, und hatten dank eines Pfostentreffers Glück, nicht schon in der 2. Minute zurückzuliegen. Das Spielniveau war so dürftig, wie die Paarung versprach. Dann aber tackelten und konterten sich die Bremerinnen ins Spiel, oder, wie Kapitänin Lina Hausicke gegenüber der DW sagte: "Wir haben versucht, den Kampf anzunehmen, Essen mit ganz viel Mentalität zu bearbeiten."

Frauen-Bundesliga | SV Werder Bremen - SGS Essen
Ihr Treffer brachte dem SV Werder Bremen drei wichtige Punkte: Lina Hausicke (r.)Bild: Oliver Baumgart/foto2press/imago images

Hausicke war es, die nach einem Standard letztlich das goldene Tor zum ersten Bremer Saisonsieg erzielte. Werder hat sich damit erst mal von den Abstiegsrängen befreit und einen ordentlichen Puffer verschafft. "Damit können wir uns ein bisschen abheben, und dann werden wir versuchen, den Rest der Saison mit viel Leidenschaft und Mentalität aufzutreten." Natürlich, die Leidenschaft und die Mentalität - schon wieder. "Aber auch Spielfreude, die man hoffentlich heute gesehen hat." Sie war in der Tat zu sehen. Und diese Spielfreude euphorisierte tatsächlich auch die Werder-Fans, die sich zum Freitagabendspiel bequemt hatten. Warum aus der progressiven und aktuell nicht mit Erstligafußball gesegneten Bremer Fanszene ansonsten so wenige Fans zu den Frauen kommen, bleibt eine zu klärende Frage. Auch Hausicke kann sie nicht beantworten.

Underdog Sassuolo führt in Italien

Die großen europäischen Ligen ähneln an der Spitze zunehmend denen der Männer, aber nicht immer und überall. In Italien steht tatsächlich nach sechs Spieltagen die US Sassuolo an der Spitze. Ein Team mit großer Tradition: Schon 1976 wurde das ambitionierte unabhängige Frauenteam gegründet, das dann in den Neunzigern mehrere Meistertitel holte und zuletzt Reggiana CF hieß. Und 2016 aus Geldnot unter das Dach des Männerklubs US schlüpfte. Nun blüht Sassuolo wieder auf und die Presse schwärmt. Sergio Mutolo schreibt auf dem Frauenfußballportal calciopress.net: "[Trainer] Piovani übt sich weiter in Understatement. Er spricht immer noch vom Klassenerhalt, aber solche Worte glaubt ihm niemand mehr." Vor allem mit der erneut von Juventus verliehenen Angreiferin Sofia Cantore, die "fantastische technische und athletische Fähigkeiten" habe, überall auf dem Feld zu finden sei und "den Willen hat, es mit der ganzen Welt aufzunehmen". Gute Tage für Sassuolo.

Meppen in Richtung direkter Rückweg

In der zweiten Liga steuert der Absteiger SV Meppen die direkte Rückkehr ins Oberhaus an, sofern sich das nach sieben Spieltagen sagen lässt. Mit drei Punkten Vorsprung und einem 2:0-Sieg gegen Wolfsburg II setzen sich die Meppenerinnen ab. Eine positive Überraschung der Liga sind die Frauen des 1.FC Nürnberg: Gerade frisch aus der Regionalliga aufgestiegen, stehen sie nach einem Sieg gegen Ingolstadt nun auf dem vierten Platz. Der Club will das Team in Zukunft weiter stärken. Das Ergebnis kann sich bereits jetzt sehen lassen.