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Doppelte Bedrohung für Vettel

Mark Hallam
14. März 2019

Neben den dominanten "Silberpfeilen" von Mercedes erwächst Sebastian Vettel auch im eigenen Team weitere Konkurrenz. Der junge Monegasse Charles Leclerc will in die Phalanx der Top-Piloten einbrechen.

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Formula 1 2015 - Sebastian Vettel im Scuderia Ferrari
Bild: picture-alliance/nordphoto/Bratic/Andre

Die Formel-1-Saison 2019 könnte für Sebastian Vettel zum Wendepunkt werden. Mittlerweile ist es fünf Jahre her, seit Vettel seine vierte und bislang letzte Weltmeisterschaft gewonnen hat. Allerdings war das noch in einer anderen Ära der Formel 1, in einem anderen Team und bevor die Serie ihr Reglement grundlegend änderte und auf moderne Hybridantriebe umstieg.

In der vergangenen Saison dominierten einmal mehr Mercedes und Lewis Hamilton - auch weil Vettel deren Erfolg mit einer Reihe von Fehlern begünstigte. Ferrari zog die Konsequenzen: Der Teamchef musste gehen und auch bei den Fahrern kam es zu einem Personalwechsel.

Neuer Konkurrent im eigenen Team

Mattia Binotto übernahm das Team als Nachfolger von Maurizio Arrivabene. Außerdem wurde der Routinier und treue Vettel-Helfer Kimi Räikkönen im zweiten Cockpit durch den 21-jährigen Charles Leclerc ersetzt. Der gebürtige Monegasse, der in seiner Rookie-Saison mit einer Reihe bemerkenswerter Auftritte für Sauber positiv auf sich aufmerksam machte, könnte weit mehr sein als nur ein talentierter Nachwuchsfahrer, der sich hinter Vettel ins zweite Glied fügt. "Er ist schlau, und er ist schnell", sagte Binotto der italienischen Zeitung "Corriere della Serra" und kündigte an: "Wir werden viel Freude mit ihm haben."

Und noch bevor die erste Startampel der Saison auf Grün geschaltet wird, sichert sich Binotto bereits gegen Wetten zum Status seiner beiden Fahrer ab. Im Saisoneröffnungsrennen dürften beide "frei kämpfen", aber der Fokus werde zunächst auf Vettel und dessen fünftem Titelgewinn liegen. "Sebastian hat mehr Erfahrung, er ist seit vielen Jahren bei uns, er hat die Formel-1-Weltmeisterschaft gewonnen", sagte Binotto. "Also ist er unser Champion."

Formel 1 - Mattia Binotto
Der neue Kopf der Scuderia Ferrari: Mattia Binotto will die "Roten" zum Titel führenBild: picture-alliance/HOCH ZWEI

Vettel geht in sein fünftes Jahr bei der Scuderia. Für Michael Schumacher brachte die fünfte Ferrari-Saison den Durchbruch und den ersten WM-Titel in Rot. Insgesamt gewann er mit Ferrari fünf Titel in Folge.

Ist Hamilton noch der Favorit?

Trotz aller Veränderungen bei Ferrari und der beeindruckenden Leistung des italienischen Teams bei den Testfahrten vor der Saison, sind Lewis Hamilton und Mercedes immer noch diejenigen, die es im Kampf um den Titel zu schlagen gilt. Mercedes hat seit den umfassenden Regeländerungen im Jahr 2014 und dem Beginn der Hybrid-Ära in der Formel 1 jede Fahrer- und Konstrukteursmeisterschaft gewonnen.

Der 34-jährige Hamilton, der vier der vergangenen fünf Weltmeisterschaften holte, wird alles dafür tun, auch den sechsten Fahrertitel zu erringen. Der ehrgeizige Brite, dem ein Platz in den Annalen der Formel 1 bereits sicher ist, wird bestimmt mit einem Auge auf die Rekorde von Michael Schumacher schielen. Noch 18 Siege und zwei Meisterschaften trennen ihn von Schumachers Bestmarken. Hamilton ist aber bereits in mehr Formel-1-Rennen von der Pole-Position gestartet als jeder andere Fahrer in der Geschichte der Königsklasse.

Formel 1  - Abu Dhabi Grand Prix
Geht die Lewis-Hamilton-Party weiter? Der Brite will seinen sechsten FahrertitelBild: Getty Images/C. Mason

Bei den Testfahrten in Barcelona konzentrierte sich Hamilton meist auf längere Intervalle mit starkem Treibstoffverbrauch und ließ stattdessen Ferrari bei den besten Rundenzeiten den Vortritt. Erst am letzten Testtag zog der Brite kurz das Tempo an und sorgte gleich für Aufsehen: Quasi aus dem Stand legte er eine Rundenzeit hin, die nur die Winzigkeit von gerade einmal 0,003 Sekunden langsamer war als Vettels schnellste Testzeit - ein Beweis dafür, dass selbst ein besserer Ferrari nicht garantiert, dass man in Australien einen unangefochtenen Sieg der Scuderia erwarten darf.

"Die Regeln haben sich grundlegend geändert", sagte Mercedes-Chef Toto Wolff bei den Tests. "Wir müssen also bei Null anfangen, uns erneut beweisen, in Bezug auf unsere eigenen Erwartungen und gegen unsere Konkurrenten. Es gibt absolut keinen Anspruch, an der Spitze zu stehen."

Schmalere Flügel für mehr Racing?

Wolff wies sogar darauf hin, dass die gravierenden Regeländerungen, die es zur neuen Saison in Bezug auf die Aerodynamik der Boliden gab, ein bewusster Versuch sein könnten, Mercedes ein wenig einzubremsen und den Vorsprung der Silberpfeile auf den Rest des Feldes zu minimieren. Tatsächlich sind die Änderungen dergestalt, dass man engere und abwechslungsreichere Rennen erwarten darf. Die neuen Maße der Front- und Heckflügel sollen die Leistungsnachteile reduzieren, die dann entstehen, wenn ein Fahrer dicht hinter seinem Vordermann fährt. Mit den neuen Abmessungen und Flügelgrößen werden Luftverwirbelungen reduziert, und der Hintermann hat es leichter, zu überholen.

Sergio Perez von Racing Point F1, der seit vielen Jahren in der Formel 1 fährt, zeigte sich vorsichtig optimistisch, nachdem er bei einem der Tests sogar einen Mercedes hinter sich lassen konnte. "Bei Bottas hat es geklappt", sagte Perez anschließend und analysierte: "Ich habe schon das Gefühl, weniger Abtrieb zu verlieren, aber wir werden erst in Melbourne sehen, wie es im Rennen ist, wenn man mit mehreren Autos bei gleich hoher Geschwindigkeit fährt. Ich hoffe aber, dass die Show dadurch ein gutes Stück besser wird."

Red Bull: "Wundertüte" oder mehr?

Formel 1 Großer Preis von Australien | Max Verstappen, Red Bull Racing
Immer am Limit: Max Verstappen ist einer der angriffslustigen Fahrer im Team Bild: Getty Images/M. Thompson

Für Max Verstappen wären die Regeländerungen im Grunde gar nicht nötig gewesen. Der Niederländer hatte auch mit dem alten Reglement selten Überholprobleme. Sein Red-Bull-Team und Verstappens talentierter neuer französischer Teamkollege Pierre Gasly sollten daher im Laufe der Saison ebenfalls ganz vorne mitmischen. Erstaunlicherweise haben die beiden Fahrer ein Durchschnittsalter von gerade einmal 22 Jahren.

Wie in den vergangenen Jahren deutet vieles darauf hin, dass Red Bull den Platzhirschen von Ferrari und Mercedes über die Gesamtdauer der WM wohl nicht wirklich Konkurrenz machen kann. Allerdings haben die Österreicher wieder ein Auto, dass auf bestimmten Rennstrecken seine Stärken ausspielen kann: Kurvengeschwindigkeit, Wendigkeit, Traktion und vergleichsweise geringe Beanspruchung der Reifen.

Nach dem Wechsel von Renault- auf Honda-Motoren scheint Red Bull wieder die "Wundertüte" zu sein. Seine schnellsten Testzeiten fuhr das Team in Barcelona auf den drittschnellsten verfügbaren Reifen heraus. Der Rennstall hat damit alles getan, um das wahre Potenzial seiner Boliden vor dem Qualifying in Melbourne vor dem Rest der Formel 1 wirkungsvoll zu verbergen.