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Win-Win-Situation

28. April 2010

Beim deutsch-französisch-polnischen Treffen der Außenminister war diesmal der neue ukrainische Außenamtschef Kostjantyn Hryschtschenko zu Gast. Die DW sprach mit ihm über das Militär- und Energieabkommen mit Russland.

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Außenminister Hryschtschenko zu Gast im Studio der Deutschen Welle (Foto: DW)
Außenminister Hryschtschenko zu Gast bei der Deutschen WelleBild: DW

Wenn sich die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens treffen, dann nennt man das "Weimarer Dreieck". Außenminister Guido Westerwelle, Bernard Kouchner und Radoslaw Sikorski waren für zwei Tage in Bonn zusammengekommen, um sich über außen- und europapolitische Fragen auszutauschen. Als Gast dabei war Kostjantyn Hryschtschenko, der neue Außenminister der Ukraine, die gerade wieder für Aufsehen gesorgt hat.

Rauch steigt im Plenarsaal des ukrainischen Parlaments auf (Foto: AP)
Mehrere Rauchbomben lösten Alarm ausBild: AP

Im Parlament in Kiew fielen vor der Abstimmung über ein Militär- und Energieabkommen mit Russland Eier und Rauchbomben. Ungeachtet des Protests der Opposition stimmten das ukrainische Parlament und kurz darauf auch das russische dem Abkommen zu. Demzufolge darf die russische Schwarzmeer-Flotte den Stützpunkt auf der ukrainischen Halbinsel Krim ab 2017 für weitere 25 Jahre pachten. Im Gegenzug erhält die durch die Wirtschaftskrise stark angeschlagene Ukraine einen 30-prozentigen Nachlass auf russische Erdgaslieferungen. Summa summarum eine Entlastung von rund 40 Milliarden Dollar für die klamme Staatskasse.

Der Vertrag sei sehr wichtig, sagte der ukrainische Außenminister Hryschtschenko im Gespräch mit der Deutschen Welle, denn unter der vorherigen Regierung habe es eine Abmachung von Januar 2009 mit Russland gegeben, die eine unerträgliche Auswirkung für die ukrainische Wirtschaft gehabt habe. "Der Gaspreis war für die Ukraine bis zu dem heutigen Vertragabschluss um einiges höher als für Deutschland", so der Außenminister.

Win-Win-Situation

Für Hryschtschenko war nicht nur die Wirtschaft in Gefahr, sondern die gesamte Stabilität des Landes. Der Gasrabatt ist eine deutliche Entlastung für die so wichtige Schwerindustrie in der Ukraine. Außerdem kann dadurch mittelbar das Staatsdefizit eingeschränkt werden, so dass der Internationale Währungsfonds seine gestoppten Kredite wieder aufnehmen könnte.

Medwedjew und Janukowitsch reichen sich die Hand nach der Unterzeichnung des Militär- und Energieabkommens (Foto: AP/RIA-Novosti)
Medwedjew und Janukowitsch einigen sichBild: AP

"Mit der Vertragsunterzeichnung haben wir einen praktischen Beitrag für die Zukunft unserer Wirtschaft geleistet. Gleichzeitig haben wir die Bedrohung unserer eigenen Sicherheit abgewendet. Weil nicht klar war, für wie lange und unter welchen Bedingungen die russische Schwarzmeerflotte in der Ukraine bleiben kann", erläuterte Hryschtschenko und fügte hinzu, es sei eine Win-Win-Situation, die gut für die ukrainischen Interessen sei.

Ein willkommener Nebeneffekt des umstrittenen Vertragswerks dürfte auch sein, dass der neue ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch ein Wahlversprechen einhalten könnte: nämlich die Pensionen und Mindestlöhne zu erhöhen. Kritiker hingegen behaupten, dass die Abhängigkeit von Russland größer geworden sei. Ob das Abkommen überhaupt mit der ukrainischen Verfassung vereinbar ist, bezweifeln namhafte Juristen.

Deutschland als Vorbild

Von der Zusammenkunft seiner Amtskollegen aus Frankreich, Polen und Deutschland in Bonn, kann Hryschtschenko nur Gutes berichten. Alle Länder seien für die Ukraine sehr wichtig. Mit dem Nachbarn Polen gebe es eine lange und wechselvolle Geschichte und, wie er glaube, eine gemeinsame große Zukunft.

Westerwelle trifft Hryschtschenko in Bonn (Foto: dpa)
Westerwelle trifft Hryschtschenko in BonnBild: picture alliance / dpa

Deutschland, so Hryschtschenko, verfüge über die größte Wirtschaftskraft und sei somit innerhalb der EU ein politisches Schwergewicht, wenn es um interne Verhandlungen gehe. "Deutschland beeinflusst auch stark die Ostpolitik der Union und pflegt sehr gute Beziehungen zu Russland. Insofern kann uns Deutschland auch Vorbild sein, wie wir das Verhältnis zu unserem größten Nachbarn managen können", meint der ukrainische Außenminister.

Wie sich das Zusammenspiel von Ukrainern und Russen entwickelt, wird sich zeigen, auch ob sich das Militär- und Energieabkommen positiv oder negativ auswirkt. Außenminister Hryschtschenko jedenfalls hat es sichtlich genossen, im Kreis des "Weimarer Dreiecks" mit dabei zu sein. "Dass ich mit den Kollegen an einem Tisch sitzen kann, offen und ehrlich auf einer Augenhöhe, schätze ich sehr. Wir werden das auch zukünftig so machen", sagte Hrytschtschenko.

Autorin: Petra Nicklis
Redaktion: Markian Ostaptschuk/Gero Rueter