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Verpasste Friedens-Chance

Gerda Meuer, Brüssel11. März 2003

Die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns sind gescheitert. Daher wird nun nur der griechische Teil der EU beitreten. Eine Entwicklung, die auch langfristig fatale Konsequenzen haben wird, meint Gerda Meuer.

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Die Europäische Union hat lange auf ein Wunder ihrer Diplomatie gehofft. Auf dem letzten Gipfel in Kopenhagen und in den Wochen danach waren die Europäer immer wieder optimistisch, dass die EU-Perspektive die Zyprioten schon zur politischen Vernunft bringen würde. Doch nichts davon ist eingetreten. Türken und Griechen blieben unversöhnlich bis zum Schluss.

Deswegen hat die Europäische Union jetzt ein richtiges Problem: Mit dem erneuten Scheitern der Zypern-Verhandlungen in Den Haag werden Mitte April nur Vertreter des griechischen Teils der Insel auf der Akropolis den Beitrittsvertrag zur Union unterschreiben. Und wenn kein Wunder passiert, wird ein Jahr später ein immer noch geteiltes Land Mitglied der Europäischen Union werden mit allen Rechten und Pflichten.

Hoffnungsloser Fall

Zypern - so haben hohe EU-Vertreter in der Endphase der Beitrittsverhandlungen immer wieder gejammert - sei ein hoffnungsloser Fall. Wirtschaftlich ist es zwar ein Vorbild unter den EU-Aspiranten, aber politisch eine Katastrophe. Und alle Unterhändler - ob nun EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen oder Außenkommissar Chris Patten - sind bei ihrem Bemühen gescheitert, den türkischen Nordteil der Insel und den griechischen Südteil zu einen. Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan konnte in den 13-monatigen Verhandlungen den Graben zwischen den beiden Parteien nicht verkleinern. Er sei traurig, gab Annan unverhohlen zu, denn eine solche Friedens-Chance werde es so bald nicht mehr geben.

Doch die praktischen Konsequenzen wird zunächst die Europäische Union zu spüren bekommen. Zwar geht die neue Regierung in Ankara nicht mehr so weit wie Vorgänger Bülent Ecevit - der schon einmal mit der Annexion des türkisch-zypriotischen Nordens der Insel drohte, sollte der Süden der EU beitreten. Ankara strebt schließlich nun mit Vehemenz selbst nach einem Platz in Brüssel und hält sich deshalb zurück.

Pulverfass im Mittelmeer

Doch die Probleme sind auch so groß genug, die Insel wird zu einem Pulverfass: Nord-Zypern ist wirtschaftlich deutlich schwächer als der Süden. Und der türkische Teil der Insel droht noch weiter in die Isolation zu geraten, wenn der Süden sich durch den EU-Beitritt stärker nach Europa orientiert und dort integriert wird. Der EU-Beitritt von einem Teil-Zypern zementiert die Spaltung, die international bisher nur von der Türkei anerkannt wird.

Gleichzeitig jedoch verschiebt sich das Machtgewicht innerhalb der Europäischen Union. Denn Griechenlands Position wird gestärkt durch die Aufnahme des griechischen Teils der Insel: Griechen stimmen nicht gegen Griechen, Interessen lassen sich gemeinsam und mit vereintem Stimmgewicht künftig leichter durchsetzen.

Kein Machtwort aus Ankara

Und gleichzeitig gerät der Annäherungs-Prozess zwischen der Europäischen Union und der Türkei in gefährliches Fahrwasser. Denn natürlich hätte Ankara - der alleinige Garant für die Macht des Führers der Insel-Türken Rauf Denktasch - ein Machtwort sprechen und damit den widerpenstigen Politiker zum Einlenken zwingen können. Ankara hätte beispielsweise nur seine 40.000 Soldaten von der Insel abziehen müssen.

Das aber hat die neue türkische Regierung nicht getan - und hat damit dem gerade zaghaft sprießenden Vertrauen in der Europäischen Union den Boden entzogen. Für Nord-Zypern aber ist es nach dem Scheitern der UN-Vermittlungen mit einer europäischen Zukunftsperspektive erst einmal auf lange Zeit vorbei.