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Vermutlich Brandstiftung in Bautzen

21. Februar 2016

Wieder stand im Bundesland Sachsen ein als Flüchtlingsheim vorgesehenes Gebäude in Flammen. Ermittler fanden inzwischen Spuren von Brandbeschleunigern. Anwohner reagierten mit Schadenfreude, Politiker mit Entsetzen.

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Das als Flüchtlingsheim vorgesehene ehemalige Hotel in Bautzen steht in Flammen (Foto: picture-alliance/dpa/R. Löb)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Löb

Das ehemalige Hotel im sächsischen Bautzen war in der Nacht zum Sonntag in Brand geraten. Ermittler fanden inzwischen Spuren von Brandbeschleunigern in dem Gebäude. Nach ersten Untersuchungen sei von einer vorsätzlichen Brandlegung auszugehen, teilte die Polizei am Nachmittag mit. Weitere Angaben wollten die Ermittler zunächst nicht machen.

Anwohner und Schaulustige hatten laut Polizei zum Teil mit "unverhohlener Freude" auf den Brand reagiert. Manche hätten den Brand mit "abfälligen Bemerkungen" kommentiert, auch die Löscharbeiten seien behindert worden.

Beamte nahmen demnach die Personalien mehrerer Schaulustiger auf. Drei 19 und 20 Jahre alte Bautzener erhielten Platzverweise, weil sie die Arbeiten der Feuerwehr "massiv" behindert hätten. Die beiden alkoholisierten 20-Jährigen seien schließlich in Gewahrsam genommen worden, nachdem sie Widerstand geleistet hätten.

Tillich: Den Mut der Menschen in Revolution besudelt

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bezeichnete den Vorfall in Bautzen wie auch die Geschehnisse in Clausnitz als widerlich und abscheulich. "Das sind keine Menschen, die sowas tun. Das sind Verbrecher", sagte Tillich den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Strafverfolgungsbehörden würden konsequent ermitteln und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Solche Taten besudelten "das, was die Menschen an Mut in der friedlichen Revolution aufgebracht haben und den Fleiß beim Wiederaufbau Sachsens". In Clausnitz hatte ein aufgebrachter Mob am Donnerstagabend stundenlang einen Bus mit ankommenden Flüchtlingen blockiert. Vor dem Flüchtlingsbus skandierten sie "Wir sind das Volk", den bekannten Slogan bei den Demonstrationen gegen das SED-Regime 1989.

Sachsens Ministerpräsident Stanislav Tillich (Foto: "picture-alliance/dpa).
Sachsens Ministerpräsident Stanislav TillichBild: picture-alliance/dpa

Ulbig: Den Hass aus Köpfen bekommen

Auch der sächsische Innenminister Markus Ulbig (ebenfalls CDU) verurteilte die Vorfälle in Bautzen scharf. "Was mich besonders betroffen macht, ist die Tatsache, dass mehrere betrunkene Bautzener vor Ort pöbelten", sagte Ulbig der Deutschen Presse-Agentur. Es sei "unerträglich, wie offen und respektlos der Hass auf Ausländer zur Schau getragen wird", fügte er hinzu. "Wir stehen vor einer großen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, diesen Hass aus den Köpfen der Menschen zu bekommen."

Empörung auch bei den Bundesministern de Maizière und Maas

Auch bundesweit lösten die Vorfälle von Bautzen und Clausnitz Entsetzen und Empörung aus. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, in Deutschland dürfe jeder seine Ängste und Sorgen äußern, das gelte auch für politische Meinungen, die einem nicht gefielen. "Aber es gibt eine Schwelle des Anstands und des Rechts, die nicht überschritten werden darf - und bei den Geschehnissen in Sachsen wurden diese Schwellen deutlich überschritten."

Justizminister Heiko Maas (SPD) erklärte über den Internetdienst Twitter: "Wer unverhohlen Beifall klatscht, wenn Häuser brennen, und wer Flüchtlinge zu Tode ängstigt, handelt abscheulich und widerlich." Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet sagte, in Bautzen und Clausnitz sei die Integration mancher Deutscher in unsere Leitkultur, die für Humanität, Respekt und Anstand stehe, gescheitert. Und dann wörtlich: "Mich lassen die Bilder von Menschen, die johlen, wenn Häuser brennen, erschaudern. Weil alles schon einmal da war." Laschet äußerte sich gegenüber der Tageszeitung "Die Welt".

sti/pg (afp, dpa, epd)