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Vermummte Meinungsfreiheit

6. Mai 2002

Die Verankerung der Meinungsfreiheit im Grundgesetz wird oft ad absurdum geführt. Vor allem in Kriegsgebieten herrscht Zensur.

https://p.dw.com/p/2930

Seit elf Jahren ist der 3. Mai der internationale Tag der Pressefreiheit, ausgerufen von der UNESCO. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" nimmt diesen Tag zum Anlass ihren aktuellen Jahresbericht zu veröffentlichen. Es ist zugleich eine Chronologie der Zensur: Der Bericht dokumentiert Verstöße gegen die Pressefreiheit, die 2001 in 150 Ländern von Afghanistan bis Zypern registriert wurden.

Demnach sind 2001 mindestens 31 Journalisten während der Ausübung ihres Berufs weltweit getötet worden. Weitere 27 Todesfälle werden derzeit noch untersucht. Dieses Jahr seien bereits acht Journalisten umgebracht worden. Die Dunkelziffer könne allerdings weitaus höher liegen, so "Reporter ohne Grenzen" gegenüber DW-WORLD.

Gefährliches Pflaster Meinungsfreiheit

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass 2001 einem Drittel der Weltbevölkerung das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationszugang verwehrt worden sei. Das gelte vor allem für Länder wie China
und Kuba, Birma, Tunesien, Syrien, den Irak oder
Saudi-Arabien. Eines der gravierendsten Probleme: Übergriffe gegen Journalisten in diesen Ländern bleiben oft straflos. Beispiel Kolumbien: 95 Prozent der gewalttätigen Übergriffe auf Berichterstatter bleiben ungeahndet.

Die Gedanken sind frei - das Wort aber nicht

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Russische Presse

Rußland zählt zu den Ländern, in dem journalistische Recherchen zu einem Spiel mit dem Tod werden können. Erst kürzlich wurde der Leiter des unabhängigen Fernsehsenders "Lada-TV" in Togliatti im Ural, Valeri Iwanow, erschossen aufgefunden. Iwanow berichtete über die Veruntreuung öffentlicher Gelder und die Kontakte des Bürgermeisters zu kriminellen Gruppen und der Drogenmafia. "Journalisten riskieren ihr Leben, wenn sie in den russischen Regionen Korruptionsaffären untersuchen", erklärte Robert Ménard, Generalsekretär von "Reporter ohne Grenzen" in Paris. Damit sei Rußland zu einem der gefährlichsten Arbeitsplätze für Journalisten geworden.

Schwierige Zeiten für die Pressefreiheit

Die Lage für die Meinungsfreiheit und unabhängige Berichterstattung hat sich gegenüber dem letzten Jahr bereits verschlechtert. Die Daten, die "Reporter ohne Grenzen" vorliegen, sprechen für sich: Die Zahl der zeitweilig festgenommenen oder länger inhaftierten Journalisten ist um 60 Prozent auf insgesamt 489 gestiegen. Derzeit sind 116 Reporter inhaftiert, 716 bedroht, überfallen oder gezielt attackiert worden - 40 Prozent mehr als 2000.

Medienkonzentration und Anti-Terror-Gesetze

Auch Journalisten in Europa stehen unter Druck: durch zunehmende Medienkonzentration und wirtschaftspolitische Interessen, so die Organisation. Vor allem die verschärften Sicherheitsmaßnahmen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beschränken die jüngste Berichterstattung: Neue Gesetzgebungen ermöglichen Behörden eine stärkere Überwachung des Internets und E-Mails. Für Länder wie Nepal ein Freibrief für die Unterdrückung der eigenen Berichterstattung: Unter dem Vorwand des Terrorismusverdachts sind dort mehr als 100 Journalisten vorübergehend festgenommen worden.

Nahost-Konflikt: Journalisten zwischen den Fronten

Im Nahen Osten habe der Beginn der zweiten Intifada Ende 2000 die Lage für Berichterstatter in den von Israel besetzten Gebieten verschärft. Allein im Berichtszeitraum seien acht Journalisten von der israelischen Armee verletzt worden. Aber auch die palästinensische Autonomiebehörde drangsaliere oder schikaniere palästinensische und ausländische Journalisten, so "Reporter ohne Grenzen". (pt)