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SportGlobal

USA gewinnen brisantes Spiel gegen Iran

29. November 2022

In einem bemerkenswert friedlichen Spiel verliert der Iran gegen "Erzfeind" USA. Auf dem Platz spielt nur der Sport eine Rolle. Sehr viel politischer geht es dagegen im Umfeld des Spiels und auf den Tribünen zu.

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Ehsan Hajisafi und US-Kapitän Tyler Adams stehen gemeinsam mit den Schiedsrichtern in einer Linie und haben ihre Arme über die Schultern gelegt
Ein Bild der Hoffnung: Das Schiedsrichterteam mit Irans Kapitän Ehsan Hajisafi und US-Kapitän Tyler AdamsBild: Claudio Villa/Getty Images

Es sah aus, als wäre es ein ganz normales WM-Spiel. Einige Fans beider Teams standen auf der Tribüne dicht beieinander, lachten und strahlten echte Vorfreude aus. Und auch bei den Spielern waren keine gegenseitigen Ressentiments zu erkennen. Sogar ein Foto mit den beiden Kapitänen und dem Schiedsrichter gab es nach dem obligatorischen Händeschütteln der Spieler. Dabei standen sich bei der Begegnung im Al Thumama Stadium der Iran und die USA gegenüber - Teams zweier Länder, die sich seit mehr als vier Jahrzehnten verfeindet sind. Diplomatische Beziehungen bestehen ebenfalls seit einer Ewigkeit nicht mehr.

Umso bemerkenswerter war es, in welch friedlicher Atmosphäre die Partie über die Bühne ging. Fairplay und gegenseitiger Respekt standen im Vordergrund. Von ähnlich großen Animositäten der Spieler untereinander, wie auf der politischen Bühne üblich, war nichts zu sehen. Denn nicht nur die politische Ebene sorgte dafür, dass die Augen der ganzen Welt auf diese Partie gerichtet waren. Auch der sportliche Aspekt spielte eine wesentliche Rolle. Schließlich hat der Sieger das Achtelfinale als Gruppenzweiter erreicht. Und das waren die USA, die sich knapp mit 1:0 (1:0) durchsetzten und ihren WM-Traum weiterträumen dürfen. Christian Pulisic erzielte den entscheidenden Treffer (38.). Für die Spieler des Iran ist die WM 2022 damit beendet.  

Fans der USA und des Iran stehen auf der Tribüne nebeneinander und beide haben große Trommeln auf der Balustrade abgestellt
Fans der USA und des Iran feiern friedlich nebeneinander auf der TribüneBild: Ashley Landis/AP/picture alliance

Im Umfeld des Spiels hatte es erneut Proteste iranischer Fans gegen das Mullah-Regime und für mehr Freiheit gegeben. Allerdings schritten katarische Sicherheitskräfte ein und konfiszierten beispielsweise Fotos der in Polizeigewahrsam verstorbenen Mahsa Amini. "Sie haben ein T-Shirt beschlagnahmt, auf dem 'Women - Life - Freedom' stand", sagte ein Fan der DW. "Was ist daran falsch? Warum dürfen wir das nicht sagen?" Sie sei sehr überrascht über die Maßnahmen der katarischen Regierung, meinte eine Frau. "Sie werden in den Augen der restlichen Welt nicht gut aussehen." Ein weiterer Fan berichtete, er habe das Stadion verlassen müssen. "Es wurde sehr viel Druck auf uns Iraner im Stadion ausgeübt. Leute mit "Women - Life - Freedom"-Plakaten sind rausgeworfen worden. Ich selbst auch." 

Gegenseitige Giftpfeile

Neben den Protesten der Iraner hatte die Partie aber auch durch das Verhältnis zwischen den USA und dem Iran eine stark politische Komponente. Die Vernunft aller Spieler, die zum Einsatz kamen, war in Anbetracht dessen beachtlich. Niemand auf dem Feld ließ sich von den in den Tagen vor dem Spiel von beiden Seiten abgeschossenen "Giftpfeilen" beeindrucken. Der US-Verband hatte die Stimmung im Vorfeld der Begegnung aufgeheizt und für einen Tag auf seinen Social-Media-Kanälen eine iranische Flagge nur in den Farben grün-weiß-rot verwendet, ohne das Emblem der Islamischen Republik darauf. Die Machthaber im Iran waren erzürnt, die Staatsmedien forderten sogar den Ausschluss der USA aus dem WM-Turnier. 

Ein iranischer Journalist hatte US-Spieler Tyler Adams auf der Pressekonferenz vor dem Spiel die Frage gestellt, was er empfinde, für ein Land aufzulaufen, in dem dunkelhäutige Menschen diskriminiert würden. Der iranische Journalist sprach in diesem Kontext auch die anti-rassistische "Black Lives Matter"-Bewegung an. Zuvor wurde Adams vom selben Journalisten über die korrekte Aussprache des Iran belehrt.

US-Angreifer Christian Pulisic (2.v.l) schießt den Ball im Sprung auf das iranische Tor
US-Angreifer Christian Pulisic (2.v.l) erzielt das 1:0 für die USABild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Trainer Gregg Berhalter wehrte zudem Fragen iranischer Reporter zu Rassismus, Visa-Regelungen und Operationen des US-Militärs ab, indem er anmerkte, er könne nichts zu politischen Dingen sagen, er sei lediglich ein Fußballtrainer. US-Kapitän Adams sagte: "Wir unterstützen die Menschen im Iran und das Team Irans. Aber wir konzentrieren uns alle auf das Spiel."

Folter und Gewalt angedroht?

Und auch Irans Nationaltrainer Carlos Queiroz, der einst selbst Trainer in den USA war, sprach von einem "sehr, sehr speziellen Spiel". Der Portugiese lobte aber ausdrücklich die Spielweise der US-Amerikaner, die in der Gruppe B die besten und konstantesten Leistungen gezeigt hätten. Niemand der Verantwortlichen und Beteiligten wollte weiteres Öl ins Feuer gießen. Die Bemühungen der Deeskalation der Verantwortlichen beider Seiten trugen Früchte. Die Niederlage gegen den "Satan USA" wurde von den Mullahs daheim in Teheran wohl dennoch nicht gerne gesehen. 

Was die Spieler des iranischen Teams nun nach ihrem Ausscheiden in ihrer Heimat erwartet, ist ungewiss. Ihr Verweigern des Mitsingens der Nationalhymne vor ihrem ersten WM-Spiel hatte offenbar strenge Konsequenzen. Die Spieler sollen unmittelbar danach von der eigenen Regierung bedroht worden sein. Das berichtet der US-Nachrichtensender CNN mit Verweis auf eine Quelle, die für die Sicherheit der WM-Spiele verantwortlich ist. Den Spielern soll demnach angedroht worden sein, dass ihren Familien zu Hause "Folter und Gewalt" drohe, sollten die Spieler erneut die Hymne nicht mitsingen oder sonstigen politischen Protest zeigen. Sowohl im zweiten Gruppenspiel als auch vor dem Spiel gegen die USA bewegten die Profis ihre Lippen. 

England sicherte sich derweil den Gruppenplatz eins und den Achtelfinal-Einzug mit einem 3:0 gegen Wales. 

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