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USA fordern Bestrafung für Massaker in Nigeria

9. März 2010

Der neue Gewaltausbruch zwischen Christen und Muslimen in Nigeria hat international Besorgnis ausgelöst. Bei den Unruhen im Bundesstaat Plateau waren nach Angaben der Behörden mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen.

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Überlebende berichten von koordinierter GewaltBild: AP

Die Unruhen zwischen Muslimen und Christen in der Nähe der Stadt Jos begannen am vergangenen Wochenende. Nach Zeugenaussagen hatten mit Macheten und Gewehren bewaffnete Männer Dörfer angegriffen. Der Sprecher des Gouverneurs im zentralen Bundesstaat Plateau macht Hirten vom muslimischen Nomadenvolk der Fulani für die Attacken auf Angehörige der mehrheitlich christlichen Berom-Volksgruppe verantwortlich. Die Behörden nahmen seinen Angaben zufolge 95 Menschen fest.

US-Außenministerin Hillary Clinton hat die nigerianische Regierung zu einer Aufklärung der Massaker an Christen und zu einer Bestrafung der Täter aufgerufen. Die Regierung müsse dafür sorgen, "dass die Verantwortlichen für die Gewalt zur Rechenschaft gezogen werden und die Menschenrechte geachtet werden", sagte Clinton in Washington. "Wir rufen alle Parteien dringend auf, sich zurückzuhalten und einen konstruktiven Ausweg aus dem Kreislauf der Gewalt zu suchen."

Vatikan glaubt nicht an religiöse Gründe

Nigeria Unruhen zwerstörtes Haus in Jos
Der Vatikan macht soziale Spannungen für Gewalt verantwortlichBild: AP

Auch der Vatikan zeigte sich über die blutigen Auseinandersetzungen entsetzt. Es handele sich jedoch "nicht um religiöse, sondern um soziale Unruhen", erklärte der Pressesprecher des Heiligen Stuhls.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief alle Beteiligten zu "äußerster Besonnenheit" auf. "Ich erwarte von den Verantwortlichen, dass sie alles tun, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen".

Ein Mitarbeiter des Hilfswerkes "Stefanus-Stiftung" erklärte, dass vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen unter den Opfern sind. Die Region ist häufig Schauplatz gewaltsamer ethnischer und religiöser Auseinandersetzungen. Im Januar waren bei Kämpfen zwischen Muslimen und Christen in Jos und Umgebung mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Seitdem hatte die Regierung Truppen in Jos stationiert, die jetzt in die benachbarten Dörfer geschickt wurden. In einer am Montag (08.03.2010) in der Zeitung "Guardian" veröffentlichten Stellungnahme klagte der Rat christlicher Kirchenführer, die in Jos stationierten Truppen seien benachrichtigt worden, als das christliche Dorf Dogo Nahawa von muslimischen Nomaden belagert wurde. Die Soldaten seien jedoch erst Stunden später in dem fünf Kilometer entfernten Dorf eingetroffen. "Wir haben kein Vertrauen mehr in die Armee wegen ihrer Vorbehalte gegen Christen", hieß es darin.

Massaker verschärft politische Krise

Präsident Nigeria Umaru Yar'Adua
Präsident Umaru Yar'Adua ist zu krank, um sein Amt auszuüben.Bild: picture alliance/dpa

Der Bundesstaat Plateau, dessen Hauptstadt Jos ist, gilt als religiöses Pulverfass. Wirtschaftliche Konkurrenz christlicher und muslimischer Gruppen löst immer wieder blutige Gewalt zwischen den Gruppen aus. Christen und Muslime haben in Nigeria jeweils einen Bevölkerungsanteil von etwa 50 Prozent. In der Politik wird traditionell auf ein Gleichgewicht zwischen dem überwiegend islamischen Norden und dem christlichen Süden geachtet. Wegen der Erkrankung des muslimischen Präsidenten Umaru Yar'Adua übt allerdings seit einigen Wochen dessen christlicher Stellvertreter Goodluck Jonathan das Präsidentenamt aus, obwohl erst bei den Präsidentenwahlen im kommenden Jahr ein christliches Staatsoberhaupt gewählt werden könnte.

Autor: Dirk Bathe (dpa,afp,dw)

Redaktion: Katrin Ogunsade