1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Staatsknete für AIG

17. September 2008

Die Fed hat eine Insolvenz von AIG in letzter Minute abgewendet und den Versicherungsriesen unter ihre Kontrolle gebracht. Damit ist die befürchtete Kernschmelze an den Finanzmärkten zumindest für den Moment abgewendet.

https://p.dw.com/p/FJWk
Ben Bernanke (Quelle: AP)
Fed-Chef Ben Bernanke musste eingreifenBild: AP

Die US-Notenbank leiht der American International Group (AIG) bis zu 85 Milliarden Dollar und übernimmt zum Ausgleich 79,9 Prozent der AIG-Aktienanteile, teilte die Federal Reserve am Dienstagabend (16.09.2008) in Washington mit. Das Darlehen sei zu Bedingungen eingeräumt worden, mit denen "die Interessen der US-Regierung und der Steuerzahler" gewahrt würden. Ein Konkurs des Versicherers hätte die wegen der Finanzmarktkrise bereits anfälligen Märkte untergraben, erklärte die Fed ihr Einschreiten.

Es war offenbar eine Rettung in letzter Minute: David Paterson, Gouverneur des US-Bundesstaats New York, hatte am Dienstagnachmittag betont, AIG habe nur noch "einen Tag", um seine Probleme zu lösen. Sonst drohe dem Institut die Pleite. Dabei kommt die staatliche Rettungsaktion für AIG einigermaßen überraschend: Sowohl Regierung als auch Notenbank hatten bis zuletzt staatliche Hilfen für AIG immer wieder ausgeschlossen.

Private Rettungsaktion scheiterte

AIG-Logo (Quelle: dpa)
Der Versicherungsriese AIG war in arge Kapitalnot geratenBild: picture-alliance/ dpa

Stattdessen hatte die Fed die Privatbanken Goldman Sachs und JPMorgan aufgefordert, die erforderlichen Summen zur Rettung der AIG aufzubringen. Dieser Plan scheiterte jedoch, als die Börsennotierung von AIG in den vergangenen Tagen weiter stark abrutschte. Seit Jahresbeginn steht ein Minus von über 90 Prozent auf dem Kurszettel.

Es ist die zweite große staatliche Rettungsaktion binnen kürzester Frist. Erst vor neun Tagen hatte die US-Regierung die beiden Hypothekenfinanzierer Fannie Mae uind Freddie Mac mit einer rund 200 Milliarden US-Dollar schweren staatlichen Rettungsaktion vor dem Aus bewahrt. Doch am vergangenen Wochenende vollzog sie eine strategische Kehrtwende, indem sie der Investmentbank Lehman Brothers nicht unter die Arme griff, was den Aktienmärkten einen "Schwarzen Montag" bescherte.

Mit zweierlei Maß gemessen?

Doch offenbar schätzte die US-Regierung die Auswirkungen einer AIG-Pleite weit dramatischer ein, als die einer weiteren Investmentbank. Tatsächlich spielt AIG für die gesamte Geldbranche eine wichtige Rolle bei der Risikoabsicherung. Im Falle eines Konkurses wären die Finanzmärkte in schwere Turbulenzen gestürzt, weitere Dominosteine in der US-Finanzbranche wären mit Sicherheit gefallen.

US-Präsident George W. Bush erklärte, der Rettungsplan der Fed werde "die Stabilität auf den Finanzmärkten fördern". Tatsächlich reagierten die Märkte zunächst erleichtert auf die staatliche Hilfsaktion: Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index ging mit einem Plus von 1,2 Prozent aus dem Handel. Zum Handelsauftakt in Frankfurt konnte der Leitindex Dax rund 0,7 Prozent zulegen. In der Hoffnung auf eine Rettung von AIG hatten die US-Börsen am Dienstag nach einer Berg- und Talfahrt im Plus geschlossen.

Warnung vor zu viel Euphorie

Marktbeobachter warnen allerdings vor zu viel Euphorie. Die Finanzkrise sei noch lange nicht ausgestanden. "Viele fragen sich, wer der nächste sein könnte", betonte ein Händler. Zudem befürchteten Kritiker, dass sich der Staat mit der erneuten Rettungsaktion auch übernehmen könnte.

Tatsächlich geben die USA immer mehr Geld aus als sie einnehmen. Das Haushaltsdefizit könnte nach Schätzungen der Rechnungsbehörde im Kongress in diesem Jahr 407 Milliarden Dollar erreichen. In dem am 1. Oktober beginnenden Haushaltsjahr 2009 sei dann ein Rekorddefizit von 438 Milliarden Dollar zu erwarten, teilte das Congressional Budget Office am Dienstag mit. Dabei sind die Milliardenausgaben für die Rettung von Fannie Mae und Freddie Mac sowie AIG noch gar nicht mit eingerechnet. (ag)