1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

US-Geheimdienstchefs verteidigen sich

30. Oktober 2013

Nach heftiger Kritik aus Europa gehen die US-Geheimdienstchefs in die Offensive. Überwachung ausländischer Staatschefs: "Von unschätzbarem Wert"! Berichte über die Ausspähung von Millionen Telefonaten: "Komplett falsch"!

https://p.dw.com/p/1A8qG
Keith Alexander und James Clapper vor dem Geheimdienstausschuss (Foto: Reuters)
Vor dem Geheimdienstausschuss: James Clapper (r.) und Keith AlexanderBild: Reuters

Merkel schickt Delegation ins Weiße Haus

"Seit ich im Geheimdienstgeschäft bin, 50 Jahre, sind die Ansichten von politischen Führern, in welcher Form sie auch ausgedrückt werden, ein grundsätzliches Element dessen, was wir sammeln und analysieren", sagte US-Geheimdienstdirektor James Clapper vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Es sei "von unschätzbarem Wert", die politische Ausrichtung eines Landes zu kennen. Auf die Frage des Ausschussvorsitzenden Mike Rogers, ob die Auswertung der Kommunikation ausländischer Spitzenpolitiker der beste Weg für dieses Auskundschaften wäre, antwortete Clapper mit: "Ja, das wäre so."

Der US-Geheimdienst NSA soll etwa 35 internationale Spitzenpolitiker ausgespäht haben, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Offenbar überwachte die NSA Merkels Mobiltelefon bereits seit dem Jahr 2002 und hörte damit erst in diesem Sommer auf, als erste Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden für Wirbel sorgten. In der vergangenen Woche brachten Recherchen des Magazins "Der Spiegel" die mutmaßliche Überwachung der Kanzlerin ans Licht, woraufhin sich Merkel telefonisch bei US-Präsident Barack Obama beschwerte.

Europäische Hilfe für die NSA?

Auch NSA-Chef Keith Alexander verteidigte die Arbeit der US-Geheimdienste gegen zunehmende Kritik. Die Nationale Sicherheitsbehörde arbeite unter strenger Aufsicht und konzentriere sich darauf, Angriffe auf Amerikaner und Verbündete zu verhindern, sagte der General vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. "Es ist viel wichtiger für dieses Land, dass wir diese Nation verteidigen und dafür Kritik einstecken, als dass wir ein Programm aufgeben, was dazu führen würde, dass diese Nation angegriffen würde."

Medienberichte, wonach die NSA millionenfach Telefondaten in Frankreich, Spanien und Italien gesammelt habe, seien zudem "komplett falsch". Vielmehr hätten europäische Dienste die Daten gesammelt und dann mit der NSA geteilt. Von Snowden beschaffte Papiere seien von Journalisten falsch interpretiert worden, so Alexander. "Sie und die Person, die die geheimen Daten gestohlen hat, verstanden nicht, was sie da sahen."

Zugleich zeigten er und Clapper sich in der Befragung überzeugt, dass Europa seinerseits die USA und deren Politiker ausspioniere. Dies wies der deutsche Geheimdienst umgehend zurück. "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", betonte Gerhard Schindler, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND).

Schafft Obama neues Vertrauen?

Angesichts der Ausspäh-Affäre sieht EU-Justizkommissarin Viviane Reding das geplante transatlantische Freihandelsabkommen in Gefahr. "Damit ambitionierte und komplexe Verhandlungen Erfolg haben, ist Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern erforderlich", sagte die Vizechefin der EU-Kommission in Washington. "Freunde und Partner spionieren einander nicht aus", mahnte Reding. "Es ist dringend und entscheidend, dass unsere US-Partner handeln, um das Vertrauen wiederherzustellen."

US-Präsident Barack Obama erklärte derweil, er werde die Befugnisse der amerikanischen Geheimdienste überprüfen lassen. Es müsse sichergestellt werden, dass die Dienste nicht alles machten, wozu sie technisch in der Lage seien, kündigte Obama im US-Fernsehen an. Sein Sprecher Jay Carney sagte, angesichts der neuen Möglichkeiten zur Beschaffung vertraulicher Informationen brauche es Grenzen für deren Sammlung und Nutzung. Nach Angaben eines ranghohen Regierungsvertreters erwägt Obama, den Diensten die Überwachung von Regierungschefs befreundeter Staaten zu verbieten.

Deutsche Delegation im Weißen Haus

An diesem Mittwoch sollen Spitzenbeamte aus dem Kanzleramt in Washington mit Vertretern der US-Regierung und der Geheimdienste zusammenkommen. Man erhoffe sich weitere Aufklärung über die Spähangriffe, hieß es in Berlin. Zur deutschen Delegation gehören unter anderen Christoph Heusgen, der außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Merkel, sowie Geheimdienst-Koordinator Günter Heiß.

wa/re (afp, rtr, dpa)