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US-Berater Peterson: "Natürlich ist Nigerias Armee infiltriert"

Philipp Sandner6. Juni 2014

Trotz Unterstützung aus aller Welt ist bei Nigerias Suche nach den entführten Schülerinnen kein Ende in Sicht. Ein Problem seien Informationslecks in der Armee, sagt US-Berater Frederick Peterson im DW-Interview.

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Nigeria Soldaten Foto: EPA/GEORGE ESIRI
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Nigeria bekommt internationale Unterstützung bei der Suche nach den mehr als 200 Schülerinnen, die Mitte April von Boko Haram entführt worden sind. Zuletzt sagte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Zusammenarbeit im Sicherheits- und Polizeisektor zu. Welche Rolle spielen die USA bei der Suche nach den Schülerinnen?

Frederick Peterson: Es gibt widersprüchliche Signale. Auf der einen Seite versichert uns die US-Regierung, dass sie Maßnahmen ergreift und der nigerianischen Regierung ihre Unterstützung anbietet. Auf der anderen Seite lassen sich kaum Schritte beobachten, diese Mädchen ausfindig zu machen und zu befreien. Daher geht dieses Drama weiter.

Seit längerem kursieren Gerüchte, die nigerianische Armee sei von Boko Haram infiltriert. So würden die Terroristen aus den Reihen des Militärs geheime Informationen zu bevorstehenden Operationen erhalten. Wie ernst sind diese Vorwürfe zu nehmen?

Die Möglichkeit, dass Informationen durchsickern, besteht in allen Armeen der Welt - nicht nur in der nigerianischen. In Nigeria leben mehr Menschen als in ganz Westeuropa und noch dazu hat das Land sehr stark mit Kriminalität, Aufstand und Terror zu kämpfen. Oft geht es dabei ganz einfach um Machtansprüche und finanziellen Gewinn. Natürlich ist in so einem Land die Armee unterwandert. Die eigentliche Frage ist doch: Wie stark ist sie es, wie schlimm sind die Konsequenzen und was tut man, um Spione zu erkennen und vor Gericht zu stellen? Wie schützt sich Nigeria davor, dass solche Spione auch in andere Regierungseinrichtungen eindringen?

Gibt es Bemühungen in der nigerianischen Armee, die undichten Stellen zu schließen?

Ich glaube, dass die Militärführung und die Regierung von Präsident Goodluck Jonathan ehrlich bemüht sind. Aber die Herausforderung, vor der sie stehen, ist nicht zu unterschätzen: Sie haben sehr starke Gegner, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Ziele zu erreichen. Es gibt Menschen in der nigerianischen Führung, die sich für eine Lösung einsetzen. Sie wollen schließlich ihre eigene Regierung stabil halten. Aber das Problem wird sich nie ganz lösen lassen. Ich kann es nur wiederholen: Es passiert in jeder Regierung der Welt, dass geheime Infomationen weitergegeben werden. In Nigeria zeigt sich dieses Problem einfach ganz besonders stark.

Wenn nun die Möglichkeit besteht, dass interne Informationen in die Hände von Boko Haram kommen können - was bedeutet das für die Zusammenarbeit zwischen Nigeria und den USA?

Die letzten Enthüllungen zeigen ja, dass es auch Informationslecks in den US-Geheimdiensten gibt. Das ist ein großes Problem, das viele Menschen daran zweifeln lässt, dass private Kommunikation überhaupt noch möglich ist.

Seit Langem gibt es Strategien zur Bekämpfung islamistischer Tendenzen in Afrika. Die USA sind hierbei führend. Warum hat Boko Haram in diesen Strategien bisher keine Rolle gespielt?

Man hätte die Gruppe sicher stärker beachten müssen. Boko Haram gefährdet die Sicherheit und Stabilität der Region. Das Verhalten und die öffentlichen Äußerungen dieser Gruppe sprechen eine klare Sprache. Es gibt also keinen Grund, dass diese Gruppe so lange vernachlässigt wurde. Ich hoffe, dass sich dieser Fehler wieder ausbügeln lassen wird.

Frederick Peterson ist Oberstleutnant a.D. der US-Marines. Er berät führende Mitglieder des US-Kongresses zu Fragen der Sicherheit und Terrorabwehr und zu Geheimdienstangelegenheiten.

Das Interview führte Philipp Sandner.