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Drohnen-Ausschuss: Aufklärung tut Not

Heiner Kiesel22. Juli 2013

Die ersten Zeugen im Untersuchungsausschuss zum gescheiterten "Euro Hawk"-Projekt zeigen sich irritiert über das Verhalten von Verteidigungsminister de Maizière. Der hatte das Projekt der unbemannten Drohne gestoppt.

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Ausschussvorsitzende Susanne Kastner und der ehemalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping im Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping sitzt ganz leger im Sitzungssaal des "Euro Hawk" Untersuchungsausschusses in Berlin - keine Krawatte, das Hemd offen. Auf die Unterarme gestützt, mit gefalteten Fingern hört der Sozialdemokrat den Fragen der Bundestagsabgeordneten zu. Die wollen von ihm wissen, wie das damals zuging, als er das Vorhaben eines unbemannten Aufklärungsflugzeuges angeschoben hatte. Das war 2002 und als Minister einer Regierung aus SPD und Grünen hatte Scharping die erste Konzeptstudie in Auftrag gegeben, weil bei den deutschen Streitkräften eine "Fähigkeitslücke" bei den Spähkapazitäten festgestellt worden war. Dazu steht Scharping noch heute: "Das Projekt ist wichtig, um das Leben unserer Soldaten zu schützen." Elf Jahre später hat nun sein Nachfolger Thomas de Maizière von der CDU das Projekt gestoppt. Damit sind wahrscheinlich 500 Milliarden Euro umsonst ausgegeben worden. Grund seien Probleme bei der Zulassung für den zivilen Luftraum gewesen, rechtfertigte de Maizière seine Entscheidung: Der "Euro Hawk" habe einen "Geburtsfehler" gehabt.

Drohne wird Wahlkampfthema

Das will Scharping nicht gelten lassen. "Wie kann ein Minister im Amt sein und erst nach längerer Zeit feststellen, dass es einen Geburtsfehler gibt?", fragt der ehemalige Verteidigungspolitiker und unterstreicht, dass die luftrechtlichen Probleme von Anfang an bekannt gewesen seien. Scharping bezweifelt, dass sein Nachfolger im Amt sich wirklich um brauchbare Informationen bemüht habe: "Bei so einem wichtigen Projekt gibt es eine Bringschuld und eine Holschuld. Man muss nachfragen!", betont der SPD-Politiker erregt. Scharping illustriert auch launig, wie er das in seiner Amtszeit gemacht hat – auf Dienstreisen, oder auch "bei einem Glas Rotwein". De Maizière hatte sich in den vergangenen Wochen immer wieder damit verteidigt, dass er von den Mitarbeitern seines Ministeriums nur unzureichend informiert worden sei.

Keine Alternative zur Aufklärungsdrohne

Vor Scharping hatte schon der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhahn, ein schlechtes Licht auf die Amtsführung de Maizières geworfen. Schneiderhahn war von 2002 bis 2009 im Amt – in der Zeit als aus der Konzeptstudie ein konkreter Auftrag für eine unbemannte Aufklärungsdrohne wurde. Früher sei der Planungsstab im Verteidigungsministerium dafür zuständig gewesen, den Minister frühzeitig über Probleme aufzuklären, doch dann wurde diese Controlling-Instanz bei der Umstrukturierung des Ministeriums Anfang 2012 abgeschafft. Schneiderhahn ist noch immer davon überzeugt, dass Deutschland die Fähigkeitslücke bei der Aufklärung unbedingt schließen müsse. Daher sei er "bis zur Stunde nicht auf den Gedanken gekommen: dann lassen wir es bleiben". Ihm persönlich seien die Zulassungsprobleme immer als lösbar geschildert worden. Es gäbe auch keine Alternative zu einem solchen System.

Körper (SPD): Verteidigungsminister hat versagt

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhahn, vor dem Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags (Foto: reuters)
Bemängelt fehlende Kontrollinstanz: Ex-Generalinspekteur SchneiderhahnBild: Reuters

In diesem Sinne äußert sich auch Ex-Verteidigungsminister Scharping. Er scheint irritiert darüber zu sein, dass das Vorhaben überhaupt abgebrochen worden ist. Seiner Meinung nach reicht eine militärische Zulassung aus, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Allerdings wären damit außermilitärische Einsätze nicht möglich. "Wenn es um die militärische Nutzung geht, dann kam der Abbruch zu früh, bei der zivilen zu spät", urteilt Scharping. Doch was ist eine außermilitärische Nutzung? Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko von der Fraktion der Linken merkt am Rande der Ausschusssitzung an, dass der "Euro Hawk" theoretisch auch in der Lage sei, SMS und Handy-Gespräche zu belauschen und stellt so eine Verbindung her zwischen dem Drohnenprojekt und dem aktuellen Prism-Abhörskandal her.

Druck auf de Maizière wächst

Neben Schneiderhahn und Scharping wurde am ersten Sitzungstag des Untersuchungsauschusses auch der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung gehört. Dieser hatte 2007 den "Euro Hawk"-Entwicklungsvertrag unterzeichnet und wollte von einem "Geburtsfehler" ebenfalls nichts wissen: "Von Zulassungsproblemen habe ich im Zusammenhang mit dem Thema 'Euro Hawk' nichts gehört." Das ist für die Regierungskoalition besonders bitter, weil der angebliche Geburtsfehler damit auch von einem Unionspolitiker bezweifelt wird. So triumphiert am Ende der ersten Sitzungs-Runde die Opposition: Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Omid Nouripour, bezeichnet den Verteidigungsminister als belastet und erkennbar nachlässig im Amt. Sein Kollege Rainer Arnold von der SPD hält ihn für "nicht mehr haltbar".

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung vor dem Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags (Foto: dpa)
"Von Zulassungsproblemen nichts gehört": Ex-Verteidigungsminister Franz Josef JungBild: picture-alliance/dpa

Doch das ist erst der Anfang. Der Ausschuss setzt an diesem Dienstag seine Befragungen fort. Bis Ende Juli folgen noch weitere Sitzungen. Insgesamt 16 Zeugen sollen befragt werden. Darunter sind die Chefs der Herstellerfirmen Cassidian und Northrop Grumman, der Präsident des Bundesrechnungshofes, Staatssekretäre des Verteidigungsministeriums und – als Höhepunkt am 31. Juli – Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Danach will der Untersuchungsausschuss einen Bericht vorlegen, der in der ersten Septemberwoche im Plenum des Bundestages debattiert werden soll.