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"Sturm-Frauen" in der Frankfurter Schirn

Sabine Oelze30. Oktober 2015

Warum haben nur wenige Künstlerinnen der Moderne Berühmtheit erlangt? Antworten darauf liefert die Ausstellung "Sturm-Frauen" in der Frankfurter Schirn. Eine Ausstellung nicht nur für Feministinnen.

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Ausstellung Sturm Sigrid Hjertén AUSSCHNITT EINSCHRÄNKUNG

Die Geschichte der Moderne in der Kunst ist eine der Männer. Der Hauptgrund klingt banal: Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Beziehung. In diesem Dilemma steckte schon Marianne von Werefkin (1860-1938), die Ehefrau von Alexej Jawlensky. Zehn Jahre lang, von 1896 bis 1906, unterbrach sie das Malen auf Wunsch ihres Mannes. Jawlensky duldete kein Genie neben sich, er war eifersüchtig auf ihr Können. Die Malerin, die Ende des 19. Jahrhunderts den Ruf eines "russischen Rembrandts" genoss, zog sich deshalb aus der Kunst zurück. Als sie ihr Schaffen 1906 wieder aufnahm, blühte sie nicht nur künstlerisch auf: Ihre Wohnung wurde zum angesagten Treffpunkt von Künstlern und Literaten - den auch Kandinsky frequentierte.

Der STURM entdeckte auch die Künstlerinnen

Werefkins Geschichte steht für die ungezählter Künstlerinnen. Gleichwohl ist sie die bekannteste unter den 18 "STURM-Frauen", deren Schicksal die Schirn anhand ausgesuchter Werke auffächert. Alexandra Exter oder Elisabeth Iwanowa Epstein aus der Ukraine haben ähnliches erlebt. Ihre Sujets und ihre Bildsprache orientierten sich an den Pariser Avantgarden, entwickelten trotzdem ein eigenständiges Werk. Sie waren also auf der Höhe der künstlerischen Entwicklung in Europa. Viele stellten in der STURM-Galerie in Berlin aus oder auch am Großen Deutschen Herbstsalon, den der Verleger und Kunstgalerist Herwarth Walden als Antwort auf den Pariser Herbstsalon in Berlin ins Leben rief. Der Titel der Frankfurter Schau erinnert daran.

Im Unterschied zu anderen Berufsgruppen, in die Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts allmählich vordrangen, blieb es für Künstlerinnen in Europa schwierig. Männliche Vorurteile verhinderten ihre Anerkennung als Künstlerin. Geschätzt wurden allenfalls ihre handwerklichen Fähigkeiten

Herwarth Walden unterschied nicht zwischen Mann und Frau

Die Ausstellung "STURM-Frauen" verbindet Künstlerinnen, die zwischen 1910 und 1932 entweder in der Zeitschrift Der STURM publizierten, oder in der gleichnamigen Galerie in Berlin ausstellten. Initiator Walden stand offenbar unter dem Einfluß starker Frauen, wie die Ausstellungsmacher vermuten. Ab 1903 war er mit der Dichterin Else Lasker-Schüler verheiratet. Von ihr stammte die Namens-Idee. Zur Zeitschrift kamen zwei Jahre später die Galerie, dann noch eine Buchhandlung, eine Bühne und Sturmaktionen hinzu.

Der STURM betrieb Kunst-Export und -Import

Den STURM baute er zu einem internationalen Netzwerk aus. Direkt nach der Eröffnung der Galerie 1912 fuhr er nach Paris und brachte Werke von Sonia Delaunay und Natalja Gontscharowa, die sich bereits in Paris einen Namen gemacht hatten, nach Berlin, wo er eine Ausstellung für sie organisierte. Sein Einsatz für die STURM-Frauen war länderübergreifend: bis nach Tokio reisten die Ausstellungen.

So bietet die Ausstellung nicht nur einen erhellenden Einblick in die Geschichte des Kunsthandels, in Rivalitäten und Machtkämpfe. "Sturm-Frauen" beweist einmal mehr: Nicht männlich oder weiblich ist die Kunst, sondern gut oder schlecht.