Unklare Wahlergebnisse am Hindukusch
24. November 2010Die Wahl sei "ein großer Erfolg für das afghanische Volk, für die Regierung und die Internationale Gemeinschaft", sagte der Vorsitzende der Wahlkommission, Fazel Ahmad Manawi, in Kabul. Angesichts der Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit der Wahl und der geringen Wahlbeteiligung von vierzig Prozent der Stimmberechtigten wirkt diese Bewertung allerdings wenig glaubwürdig. 24 Kandidaten, die nach den vorläufigen Ergebnissen eigentlich ein Mandat erhalten hätten, mussten wegen Betruges disqualifiziert werden. Die Wahlkommission erklärte insgesamt jede vierte Stimme für ungültig. Und die Ergebnisse aus der zentralafghanischen Provinz Ghasni sind im Endergebnis noch gar nicht berücksichtigt. Dort hätten technische Schwierigkeiten bisher die Auszählung verhindert, teilte die Wahlkommission mit.
Keine Parteien, keine klare Richtung
Um die 249 Sitze im afghanischen Parlament hatten sich mehr als 2500 Kandidatinnen und Kandidaten beworben. Von den rund 400 Bewerberinnen wurden 69 ins Parlament gewählt. Die Wähler hatten am 18. September nicht für Parteien, sondern für Einzelkandidaten gestimmt. Da es in Afghanistan keine etablierten Parteien nach westlichem Vorbild gibt, ist schwer absehbar, welche politische Richtung die neuen Abgeordneten vertreten werden. Auch herrscht bisher Unklarheit darüber, wie viele von ihnen Präsident Hamid Karsai unterstützen. Nach Angaben der Wahlbehörde waren unter den disqualifizierten Kandidaten auch einige Verbündete Karsais, darunter ein Cousin des Präsidenten.
Betrug im großen Stil
Wegen Unregelmäßigkeiten und Betrugshinweisen während und nach der Parlamentswahl hatte die Wahlkommission angeordnet, über 1,3 Millionen Stimmzettel - fast ein Viertel der Stimmen - neu auszuwerten. Erst vor kurzem tauchten Tausende ungezählte Wahlzettel auf.
Unabhängige Wahlbeobachter hatten schon am Wahltag von systematischem Betrug an den Wahlurnen, Stimmenkauf, Einschüchterung der Wähler und gefälschten Wahlzetteln berichtet. Auch die Präsidentschaftswahl vor einem Jahr war von massivem Wahlbetrug überschattet gewesen. Monatelang war über das Endergebnis gestritten worden.
Autorin: Nicola Reyk (afp/dpa/epd)
Redaktion: Martin Schrader