1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kroatien-Krieg vor Gericht

18. November 2008

Der Internationale Strafgerichtshof wird darüber urteilen, ob Serbien im jugoslawischen Bürgerkrieg Völkermord verübt hat. Sowohl Kroatien als auch Serbien zeigen sich sicher, das Verfahren zu gewinnen.

https://p.dw.com/p/FxTm
Intern. Gerichtshof Den Haag, Außenansicht
Hier soll über die Völkermord-Frage geurteilt werden: vor dem Internationalen Gerichtshof im Friedenspalast von Den HaagBild: AP

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat sich für zuständig erklärt, die Klage Kroatiens gegen Serbien wegen Völkermords während des Kroatienkriegs (1991 bis 1995) zu behandeln. Wie die Vorsitzende Richterin, Rosalyn Higgins, am Dienstag (18.11.2008) erklärte, fiel die Entscheidung mit zehn gegen sieben Stimmen. Damit wies das Gericht den Antrag Serbiens zurück, die Klage abzuweisen. Sie war von Kroatien bereits 1999 eingereicht worden. Der IGH wurde 1945 als wichtigstes Organ der Rechtsprechung von den Vereinten Nationen geschaffen.

Richterin Rosalyn Higgins (Quelle: AP)
Verkündete die Entscheidung des IGH: Richterin Rosalyn Higgins (Archivfoto)Bild: AP

Vorwurf: Völkermord

Kroatien wirft Jugoslawien, dessen Rechtsnachfolger Serbien ist, vor, während des Krieges nach der kroatischen Abspaltung vom Vielvölkerstaat einen Völkermord an Kroaten begangen zu haben. Serbien hatte hingegen geltend gemacht, dass zwar Verbrechen verübt worden seien, die Schwelle zum Völkermord dabei jedoch in keinem Fall überschritten worden sei. Im Gegenteil sei die kroatische Seite mit der gewaltsamen Vertreibung hunderttausender Serben aus Kroatien für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verantwortlich.

Die Klage Kroatiens bezieht sich auf die "ethnische Säuberung" durch die serbische Minderheit in Kroatien, die dabei von Serbien unterstützt wurde. Die Serben hatten dabei tausende Zivilisten brutal ermordet, ganze Dörfer geplündert und so rund ein Drittel des kroatischen Staatsgebietes unter ihre Kontrolle gebracht. Am Ende des Krieges hatte Kroatien dieses Territorium zurückerobert und seinerseits 200.000 Serben vertrieben, wobei es ebenfalls viele Tote gegeben hatte.

Serbien erwägt Gegenklage

"Wir haben die erste Runde gewonnen", reagierte der kroatische Justizminister Ivan Simonovic. Jetzt habe sein Land gute Chancen, den Vorwurf des Völkermords auch zu beweisen. Die serbische Justizministerin Snezana Malovic kündigte eine juristische Reaktion an, die auch in eine "Gegenklage" ihres Landes gegen Zagreb münden könne.

Ob es zu einer Verurteilung Serbiens kommt, ist völlig offen. Bosnien-Herzegowina ist bereits mit einer Völkermord-Klage gegen Serbien gescheitert. Der Gerichtshof urteilte im vergangenen Jahr, Belgrad könne die Verantwortung für die schwersten Verbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg vor allem an Muslimen während des Bürgerkrieges in Bosnien (1992-1995) nicht nachgewiesen werden. Ein Urteil im nun bevorstehenden Verfahren wird vermutlich mehrere Jahre auf sich warten lassen. (mas)