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Tödlicher Goldrausch

Ina Rottscheidt17. Mai 2008

In der Region Cajamarca wälzen Minenunternehmen auf der Suche nach Gold riesige Erdmengen um. Sie vergiften Boden und Wasser, rauben den Bauern ihren Lebensraum. Ein katholischer Priester kämpft gegen die Ausbeutung.

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Bauernversammlung im Hochland von Cajamarca, Peru, Foto: I. Rottscheidt/ DW
Bauernversammlung im Hochland von CajamarcaBild: DW/Ina Rottscheidt
Enteignete Bauern in Cajamarca, Peru. Foto: I.Rottscheidt/ DW
So wie Nicolás Cruzado ergeht es hunderten Bauern in der RegionBild: DW/Ina Rottscheidt

"Wir waren glücklich, wir hatten zahlreiche Schafe und Schweine und Armut kannten wir nicht", erinnert sich Nicolás Cruzado. Doch das ist über 10 Jahre her: Damals besaßen er und seine Frau fruchtbare Äcker im Hochland von Cajamarca, im Nordwesten Perus. Doch dann kam Yanacocha, ein amerikanisch-peruanischer Konzern, der in der Region die zweitgrößte Goldmine der Welt installierte. Mit Versprechungen und der Androhung von Enteignung bewegten Konzernvertreter Bauer Nicolás schließlich dazu, sein Land zu verkaufen: Er unterschrieb einen Vertrag, ohne ihn lesen zu können. Wie viele Bauern in der Region ist er Analphabet.

Heute lebt er in einem verfallenen Haus am Rande der Stadt Cajamarcas, gemeinsam mit seiner Frau und seinen neun Kindern: Das morsche Holzdach ist undicht, in den Fensterrahmen ersetzen flatternde Plastiktüten das Glas und gekocht wird auf einer offenen Feuerstelle im Hof. Cruzados Entschädigung von ein paar tausend Dollar war schnell aufgebraucht und den versprochenen Job in der Stadt bekam er auch nicht.



Wirtschaftsinteressen haben Vorrang

So wie Nicolás ergeht es hunderten Bauern, denn Cajamarca ist eine der wichtigsten Bergbaustädte Perus. Hier werden 30 Prozent der Weltvorkommen an Gold vermutet. Für über 80 Prozent der Gemeindefläche gibt es bereits Minenkonzessionen, begünstigt von der Regierung unter Alan Garciá, weil dies die peruanische Wirtschaft voran bringt, so hofft man. Doch die Bevölkerung profitiert davon nicht: Laut Statistiken der Vereinten Nationen ist Cajamarca immer noch das zweitärmste unter den 24 peruanischen Departements.

Blick auf das Abbaugebiet von Yanacocha in der Region Cajamarca in Peru, Foto: I. Rottscheidt/DW
600.000 Tonnen Erdreich wälzt Yanacocha in der Region Cajamarca täglich umBild: DW/Ina Rottscheidt


Gegen diese Entwicklungen wehrt sich der katholische Priester und landesweit als Umweltaktivist bekannte Padre Marco Antonio Zegarra Arana. Er ist einer der wenigen, der sich für die Bauern im Hochland einsetzt und er kennt die Praktiken der Konzerne: "Die Unternehmen kommen mit ihren Anwälten und Notaren zu den Bauern, die manchmal noch nicht einmal eine Besitzurkunde haben. Sie versprechen Geld, eine neue Wohnung und Arbeit – und dann verkaufen die Bauern." Doch vieles stelle sich dann als leere Versprechungen heraus, die meisten endeten in den Armenvierteln Cajamarcas, sagt er, "weil ihnen mit dem Land auch die Lebensgrundlage entzogen wird."

Umweltschutz spielt keine Rolle

Rund 600.000 Tonnen Erdereich wälzt der Konzern Yanacocha in der Region Cajamarca tagtäglich um. Zwar enthält eine Tonne Geröll nur rund 0,9 Gramm Gold, doch der Abbau lohnt sich, weil der Goldpreis am Weltmarkt stetig steigt und und weil ihn neue Techniken rentabel machen: Mittels einer hochgiftigen Zyanid-Lauge wird das Gold aus den Geröllmassen gelöst. Arana kritisiert, dass diese meist ungefiltert ins Erdreich gelange: Er berichtet von einem großen Fischsterben in der Region, davon, dass den Bauern das Vieh wegstirbt und immer mehr Kinder mit Missbildungen geboren werden. Offene Kritik daran ist allerdings nicht erwünscht: Weder bei den bei den Investoren, zu denen auch die Weltbank zählt, noch bei der Regierung.

Padre Marco Arana von der Umweltorganisation Grufides in Cajamarca, Peru, Foto: I.Rottscheidt/ DW
Auf der Seite der Armen: Padre Marco AranaBild: DW/Ina Rottscheidt




Zusammen mit einigen Biologen und Rechtsanwälten gründete er 1992 die Menschenrechts- und Umweltorganisation Grufides, die gegen die Ausbeutung der Region und die Zerstörung der Umwelt kämpft. Das sei, sagt er, eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: "Einige wenige profitieren vom Reichtum, während immer mehr in Armut leben. Und unter den Folgen der Umweltzerstörung haben die Armen am meisten zu leiden", kritisiert er: "Das ist, als würde sich die Geschichte unseres Kontinents wiederholen."

Grufides organisiert Rechtsberatung, Aufklärungsarbeit, Bauernversammlungen und wissenschaftliche Gutachten. Dieses Engagement brachte ihnen bereits den peruanischen Menschenrechtspreis ein, doch auch viele Feinde. Als Kommunist, Terrorist und Drogenboss wurde er bereits beschimpft, fast täglich erhalten er und seine Mitarbeiter Morddrohungen; ohne Personenschutz geht Arana nicht mehr aus dem Haus. Doch einschüchtern lässt er sich davon nicht: "So wie die Armen keine Stimme haben, die gehört wird, haben auch die Pflanzen, die Tiere und die Natur keine Stimme", sagt er. Darum sieht er sich auch als Kirchenmann in der Pflicht: "Wir als Kirche sollten nicht nur die Stimme der Armen sein, sondern aller, die nicht gehört werden, auch der bedrohten Schöpfung. Das ist für mich eine Radikalisierung der Option für die Armen."

Bauernversammlung in Cajamarca, Peru, Foto: I. Rottscheidt/ DW
Grufides organisiert Rechtsberatung, Aufklärungsarbeit, Bauernversammlungen und wissenschaftliche GutachtenBild: DW/Ina Rottscheidt
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