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Tunesien lässt EU-Parlamentarier nicht einreisen

14. September 2023

Die fünfköpfige Gruppe wollte sich ein Bild von der politischen Lage in dem Maghrebstaat machen. Vor der Ausladung hatten die Abgeordneten Kritik am EU-Migrationsabkommen mit Tunesien geübt.

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Tunesiens Präsident Kais Saied auf einem Markt, umgeben von Passanten
Tunesiens Präsident Kais Saied regiert zunehmend autoritär (Archivbild)Bild: Tunisian Presidency/APA Images/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Tunesien hat einer Delegation des Europaparlaments nach Kritik von Europaabgeordneten an einem Migrationsabkommen zwischen der EU und Tunis die Einreise untersagt. In einem Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, teilte das tunesische Außenministerium mit, der Gruppe werde angesichts "mehrerer Vorbehalte" gegen den Besuch ein Grenzübertritt nicht gestattet.

Die fünfköpfige Delegation mit Mitgliedern des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten reagierte auf die Entscheidung empört. Das Verhalten sei beispiellos seit der demokratischen Revolution in Tunesien im Jahr 2011, heißt es in einer Erklärung. Der SPD-Abgeordnete Dietmar Köster sprach von einem "Skandal ohnegleichen". Dies zeige, dass der "autokratische" Präsident Kais Saied und die Regierung "sich weder einer Diskussion stellen noch mit Kritik auseinandersetzen" wollten, so der Parlamentarier, der selbst mitgereist wäre.

"Darf nicht unbeantwortet bleiben"

Der französische Abgeordnete Emmanuel Maurel - ebenfalls Delegationsmitglied - schrieb im Kurznachrichtendienst X, er sei über das Verbot erschüttert. "Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürfen diese Entscheidung nicht unbeantwortet lassen."

Der EU-Parlamentarier Dietmar Köster während einer Plenarsitzung im Europäischen Parlament
"Skandal ohnegleichen": Der EU-Parlamentarier Dietmar Köster hatte als Mitglieder der Delegation nach Tunis reisen wollen (Archivbild)Bild: Philipp von Ditfurth/picture alliance/dpa

Die Gruppe sollte unter Leitung des deutschen EVP-Abgeordneten Michael Gahler an diesem Donnerstag nach Tunis fliegen, um sich ein Bild von der politischen Lage zu machen. Geplant waren Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft, Gewerkschaftern und Oppositionspolitikern. Damit sollte an eine Reise im vergangenen Jahr angeknüpft werden.

Kampf gegen Schleuser

Die EU und Tunesien hatten Mitte Juli ein umfassendes Migrationsabkommen geschlossen. Es soll Menschen von der irregulären Einreise in die EU abhalten und insbesondere den gemeinsamen Kampf gegen Schleuser verbessern. Das von einer schweren Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit geplagte Tunesien soll finanzielle Unterstützung in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro erhalten.

Demonstranten halten ein Plakat in die Höhe, das dazu auffordert, politische Gefangene freizulassen
Immer wieder kommt es in dem Maghrebstaat zu Protesten gegen die Inhaftierung von Oppositionellen und Menschenrechtlern - wie hier vor einer Woche in TunisBild: Yassine Gaidi/AA/picture alliance

In einer Debatte im Europaparlament in dieser Woche hatten Abgeordnete mehrerer Fraktionen, darunter der Sozialdemokraten, die Vereinbarung kritisiert. Der Regierung in Tunis wurde vorgeworfen, Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika zu misshandeln. In Tunesien regiert Präsident Saied zunehmend autoritär. Im Juli 2021 hatte er den Notstand ausgerufen. Seither geht er massiv gegen die Opposition und kritische Stimmen in dem Maghrebstaat vor, aber auch gegen Migranten aus Ländern südlich der Sahara. Tunesien ist einer der wichtigsten Transitstaaten für Afrikaner, die nach Europa wollen.

jj/uh (dpa, afp, epd)