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Tunesien auf Richtungssuche

28. Februar 2011

Tunesien übt den Neuanfang+++Zwischen Laizismus und Staatsreligion+++Armes Volk, reiche Präsidenten

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Demonstrationen gegen GhannouchiBild: picture alliance/dpa

In Libyen hält sich Dauerherrscher Gaddafi weiter verbissen an der Macht. Brutal geht er dabei gegen die Demonstranten vor. Diplomaten sprechen mittlerweile von bis zu 2000 Toten. Trotzdem: Die Libyer gehen weiter auf die Straße. Ihr Vorbild sind dabei auch die Tunesier. Die haben ihren Despoten Ben Ali erfolgreich aus dem Amt gejagt. Aber auch hier gehen die Proteste weiter: Am Wochenende demonstrierten Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Tunis. Sie lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei, mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. Die zentrale Forderung der Demonstranten: Der Rücktritt von Ministerpräsident Ghannouchi und seiner Regierung. Der hörte die Signale – und warf am Sonntag, für manche überraschend, das Handtuch. Doch kaum ist er weg, trauern ihm einige auch schon nach.

Angst vor den Bärtigen

Tunesien hat bei der Richtungssuche noch ein ganz anderes Problem: Die Islamisten. Über die wird seit der Jasmin-Revolution besonders heiß diskutiert. Radikale Islamisten melden sich lautstark zu Wort, und auch der Chef der als gemäßigt geltenden Ennahda-Partei ist zurück in seiner Heimat. Er und seine Parteigänger treffen auf eine tunesische Gesellschaft, die zwischen Staatsreligion und Laizismus balanciert. Die einen fürchten sich vor einem Gottesstaat, die anderen wollen den politischen Islam tolerieren – als Zeichen des neuen Pluralismus in Tunesien.

Präsidenten im Luxus

Ben Ali hat mit dem Schreckgespenst des Islamismus über Jahrzehnte seinen Machtanspruch gerechtfertigt. Und sich in der Zeit fleißig auf Kosten seines Volkes bereichert. Genau wie Mubarak in Ägypten. Und auch südlich der Sahara werden einige Präsidenten im Laufe ihrer Amtszeit immer reicher. Zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo. Das Vermögen des früheren Herrschers Mobutu wurde auf mehr als fünf Milliarden Dollar geschätzt. Und auch der jetzige Präsident Joseph Kabila liebt den Luxus - die Bevölkerung aber leidet unter Krieg und Hunger. In vielen Nachbarländern sieht es ähnlich aus. Trotzdem springt der Funke der Revolution aus den arabischen Ländern hierher nicht über. Viele haben die Hoffnung auf Veränderung aufgegeben.

Redaktion: Christine Harjes