Tong Kunniao: "Just stay in the cold"
Der Chinese Tong Kunniao schafft Kunstwerke aus überflüssig gewordenen Produkten der Wegwerfgesellschaft. Sie sind in einer Ausstellung in Berlin zu sehen.
"Red Tail Double Eggs Bird"
Der "Vogel mit dem roten Schwanz und zwei Eiern", hier ein Ausschnitt, ist eine der absurd-humorvollen Skulpturen aus der Serie "Balance" von 2019/20, die jetzt in der Berliner Galerie Hua International zu sehen ist. Tong Kunniao verwendet gefundene Materialien, Weggeworfenes oder gesammelte Objekte. Dieser "Vogel" ist aus Metall, Strümpfen, Holzimitat und anderen Stoffen zusammengesetzt.
"Forehead Snack" und "Red Tail Double Eggs Bird"
Diese beiden "Vögel" ruhen auf profilartigen Gestellen. Der obere Teil lässt sich in Bewegung versetzen oder abnehmen. Leichtigkeit und Beweglichkeit - und die Suche nach der richtigen Position, das ist das hintergründige Thema von Tong Kunniaos Plastiken. Bei diesen Balanceakten geht es metaphorisch immer um die Stellung von Individuen in der Gesellschaft.
"Little Black Widow"
Zu jeder der Skulpturen gibt es eine Geschichte, und sicherlich könnte der Künstler auch eine zur "Kleinen Schwarzen Witwe" erzählen. Doch Tong Kunniao setzt auf die Macht der Fantasie. Er selbst möchte sich als Künstler nicht festlegen lassen. "Ich bin ein Vogel, ich will frei sein", sagt er. "Frei sein, das heißt, dass man sein Leben selber ausbalancieren kann, sich selbst definieren."
"Mop Boxer" und "Little Black Widow"
Die Serie der vogelartigen Skulpturen zeigt in einer sinnbildlichen Vergegenständlichung die Suche nach dem Gleichgewicht in einer Person und in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft. "Mopp-Boxer" und "Kleine Schwarze Witwe" verdeutlichen, dass dabei auch ein leicht gruseliger Humor nicht zu kurz kommt. Die Surrealisten mit ihren "gefundenen Objekten" (Objet trouvé) lassen grüßen.
"Mop Boxer"
Die Idee zu "Mop-Boxer" - oder auch: "Boxender Vogel" - kam Tong Kunniao durch die Begegnung mit einem Mann, der aussah wie ein Bodybuilder, sein Geld aber als Reinigungskraft am äußersten Stadtrand Pekings verdiente. Hat er dank seines Aussehens die Balance zwischen Sein und Schein gefunden?
"Fortune Bird"
Der "Wohlstandsvogel" verbirgt unter lauter Goldschmuck eine Pistole. China ist in den letzten 20 Jahren ein wohlhabendes Land geworden, sagt Tong Kunniao, mit vielen Neureichen, die mit ihrem Vermögen protzen, ohne sich Gedanken um die Wirkung zu machen. Die Pistole symbolisiert diese latente Aggressivität und Selbstsucht.
"Chili Bullet Bird"
Die Patronengürtel aus Chili-Schoten sind Teil einer größeren Skulptur, die Tong Kunniaos Sinn für dadaistische Komik belegt. Tong kommt ursprünglich aus Changsha, einer Stadt, in der man sich für die scharfen Pfefferschoten begeistert. Das 'Gewehr' ist eine Erinnerung an seinen Vater, der nach der Revolution in China zehn Jahre lang im Gefängnis saß - und der ein Gewehr besaß.
Landschaftsbilder und Objekte
Diese Serie von Gemälden gehört zu den jüngsten Arbeiten Tong Kunniaos. Die Bilder kopieren Motive aus Chinas glanzvoller Ming-Dynastie (1368-1644), jedoch in einer völlig veränderten, grellen Farbgebung. Auf die Bilder sind bewegliche Objekte montiert, die mit anderen Skulpturen im Raum korrespondieren. Tong sagt: "Die Dinge verselbständigen sich, sie werden die Menschen überdauern."
"Scenery Shot-2"
Auf welchem Flohmarkt mag Tong Kunniao diese Stopfpilze für sein "Landschaftsbild-2" erstanden haben? Tong hatte geplant, in Berlin mit Besuchern über die Flohmärkte zu ziehen, doch die Corona-Pandemie hat es verhindert. Es wird jedoch einen zweiten Ausstellungsteil geben, zu dem der Künstler hoffentlich anwesend sein kann. Dann will er die versäumten Aktionen und Performances nachholen.