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Thalys-Schütze: "Wollte Passagiere ausrauben"

23. August 2015

Ab sofort fahren Thalys-Züge unter Polizeischutz. Der Bewaffnete, der in einem Thalys überwältigt worden war, weist jeden Terror-Vorwurf von sich. Wie ein Sturmgewehr in seine Hand kam, kann er auch erklären. Glaubt er.

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Thalys-Anschlag Polizei
Bild: picture-alliance/dpa/N. Maeterlinck

Ihr Mandant sei erstaunt über den Terrorismus-Vorwurf, sagte die Anwältin des 25-jährigen Marokkaners dem Sender BFMTV. Der Attentäter aus dem Thalys bestreitet demnach auch, geschossen zu haben - die Kalaschnikow habe nicht funktioniert. Der nach eigener Darstellung obdachlose Mann will das Schnellfeuergewehr und die Pistole, die er im Zug bei sich hatte, in einem Park in Brüssel gefunden haben. Er habe die Fahrgäste des Thalys ausrauben und anschließend auf ein Fenster schießen wollen, um dadurch flüchten zu können. In Brüssel war der 25-Jährige schwerbewaffnet in den Thalys von Amsterdam nach Paris eingestiegen.

Die französischen Behörden sind zum Motiv des Manns bislang zurückhaltend. Allerdings verdichten sich die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund. Die spanischen Behörden hatten den Attentäter nach Angaben von Innenminister Bernard Cazeneuve wegen seiner Zugehörigkeit zur radikal-islamistischen Szene gemeldet. Von 2007 bis 2014 lebte er nach Aussagen dortiger Ermittler in Spanien, erst in Madrid und dann in Algeciras im Süden. Der Marokkaner wurde mehrfach wegen des Verdachts des Drogenhandels festgenommen. Wie die spanische Presse unter Berufung auf Polizeikreise berichtete, radikalisierte er sich in Spanien und wurde 2012 als "potenziell gefährlich" eingestuft. Zuletzt soll er in Belgien gelebt haben; nach Aussage der Anwältin ohne festen Wohnsitz.

Viel Lob für die "Helden im Thalys"

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, der Täter habe mit der Kalaschnikow über der Schulter die Zugtoilette verlassen. Als ein französischer Passagier ihn aufzuhalten versuchte, gab der Angreifer mehrere Schüsse ab. Dabei wurde ein Fahrgast getroffen. Cazeneuve sagte nicht, ob die Schüsse aus der Kalaschnikow oder aus der Luger-Pistole kamen. Zwei amerikanische Soldaten in Zivil stürzten sich auf den Mann, bevor noch ein amerikanischer Student und ein britischer Geschäftsmann hinzukamen. Ein Soldat wurde mit einem Cutter-Messer verletzt. Ein Reisender wurde an seinem Platz von einem Schuss getroffen.

Frankreichs Präsident François Hollande dankte US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat für das "vorbildliche Verhalten" der jungen Amerikaner. Hollande will die als Helden gefeierten Passagiere am Montagmorgen im Elysée-Palast empfangen. Neben den US-Bürgern sind auch der 62-jährige Brite und ein junger Franzose eingeladen.

Am Abend telefonierte US-Präsident Barack Obama mit den drei US-Bürgern, um ihnen zu ihrer "außergewöhnlichen Tapferkeit" zu gratulieren, wie das Weiße Haus in Washington bekannt gab.

Wie sicher ist der Bahnverkehr?

Der Fall hat in Frankreich und Belgien eine Debatte über die Sicherheit im Bahnverkehr ausgelöst. In den Thalys-Zügen patrouillieren nun Polizisten. Der belgische Premier Charles Michel brachte Kontrollen wie beim Eurostar-Zug ins Spiel, der vom europäischen Festland aus nach London verkehrt. "Was für den Eurostar möglich ist, muss letztlich auch für andere internationale Züge möglich sein", sagte der Liberale dem öffentlichen Sender RTBF.

rb/hf (afp, ap, dpa, rtr)