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Testpflicht funktioniert meist - trotz Pannen

17. August 2020

In Bayern suchen die Behörden noch immer nach einigen Infizierten, die aus dem Urlaub nach Deutschland zurückgekehrt sind. Am Berliner Flughafen musste die Teststation kurzzeitig schließen. Wie angespannt ist die Lage?

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Deutschland Corona-Testzentrum am Hamburger Flughafen
Bild: picture-alliance/dpa/D. Bockwoldt

Der Mann, der sich und offenbar auch seine Familie am Sonntag am Flughafen Tegel in Berlin auf das Coronavirus testen lassen wollte, war nicht zu beruhigen. Die Mitarbeiter der Teststelle verweigerten den Abstrich, nachdem sich herausstellte, dass die Familie schon vor neun Tagen aus der Türkei zurück nach Berlin gekommen war. Aber die Tests an den Flughäfen sind nur für Reiserückkehrer gedacht, die unmittelbar aus dem Ausland in Deutschland eintreffen. Offenbar bestand der Familienvater auf die Tests, weil am heutigen Montag die Kita seiner Kinder wieder öffnet und eine Untersuchung verlangt. Es kam zum Handgemenge, eine Mitarbeiterin der Teststelle soll in ein Absperrgitter gestoßen worden sein. Daraufhin schloss die Teststelle ihren Betrieb drei Stunden früher als gedacht, obwohl noch einige Flüge aus den Urlaubsgebieten erwartet wurden.

Routine mit erhöhter Sicherheit

Am Tag nach dem Zwischenfall herrscht in Tegel aber fast wieder Normalbetrieb. Auf einem Parkplatz in der prallen Sonne stehen die Fluggäste, die einen Test machen lassen müssen oder freiwillig kommen, diszipliniert an. Die Sonne strahlt erbarmungslos: Mehr als 30 Grad Hitze. Ein provisorisches Zelt bietet etwas Schatten. Auffällig: Immer wieder ist Wachpersonal zu sehen, das auch freundlich Fragen beantwortet. Ein Auto des Wachdienstes dreht gut sichtbar Runden über den Parkplatz. Offenbar sind die Sicherheitsmaßnahmen nach dem Vorfall vom Sonntag verstärkt worden.

Deutschland | Flughafen Tegel in Berlin
Corona-Warn-App-Hinweis in Abflughalle von TegelBild: DW/V. Witting

Mit vielen Koffern bepackt stehen auch Avinoam Shalem und seine Ehefrau Elisabeth Rochau-Shalem an. Sie kommen aus dem Hot-Spot New York und hatten sich schon vorher telefonisch beim Flughafen in Tegel nach dem Ablauf der Test-Prozedur erkundigt. Sie haben bei der Einreise ein Formblatt mit einem Digital-Code erhalten, das sie nun vorzeigen. Für eine Viertelstunde verschwinden sie einem Flughafengebäude, das nicht einsehbar ist. Dort findet der Mund-Rachen-Abstrich statt. Das Ehepaar war auf Nummer sicher gegangen; hatte sich auch schon auf der amerikanischen Seite testen lassen: negativ. Vom Ablauf in Tegel sind sie positiv überrascht. Man haben ein bisschen nach der Teststelle suchen müssen, "die haben das aber sehr professionell gemacht", sagt Elisabeth Rochau-Shalem der DW.

Pannen bei der Testpflicht in Bayern

Vor gut zehn Tagen hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angeordnet, dass Reisende, die aus Corona-Risikogebieten nach Deutschland zurückkehren, sich auf das Virus testen lassen müssen. Und die Liste der Länder, die das zuständige Robert-Koch-Institut als Corona-Risikogebiet einstuft, verändert sich ständig. Oft werden Urlauber von der Nachricht, auch ihr Reiseziel sei jetzt ein Risikogebiet, mitten in den Ferien überrascht. Sie können einen Test schon im Urlaubsland vornehmen lassen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Oder sie lassen sich bei der Rückkehr nach Deutschland testen, am besten direkt am Flughafen, oder aber innerhalb von drei Tagen etwa bei ihrem Hausarzt.

Deutschland | PK | Bayern Ministerpräsident Markus Söder
Pannen bei Tests: Der bayerische Ministerpräsident Söder und seine Gesundheitsministerin Melanie Huml geben aus diesem Grund eine PressekonferenzBild: imago images/S. Minkoff

Die meisten Urlauber wählen offenbar die Variante des Tests am Flughafen. Seit die Testpflicht ausgerufen wurde, sind etwa in Nordrhein-Westfalen rund 48.500 Urlauber auf das Corona-Virus getestet worden, 960 davon waren positiv. In Bayern wurden rund 123.000 Menschen getestet, 1730 sind positiv. Und ausgerechnet in Bayern, dessen Ministerpräsident Markus Söder sich stets als besonders konsequenter und effizienter Corona-Krisenmanager präsentiert, kam es zu erheblichen Pannen. Einige Urlauber, die offenbar infiziert waren, hatten bei der Einreise nur ihre Namen und ihr Geburtsdatum hinterlassen, aber keine Adresse. Nach Medienberichten sollen die Betroffenen nun mit einer bundesweiten Polizeiaktion gesucht werden.

Sollen Urlauber die Test selber bezahlen?

Neu aufgeflammt ist auch der Streit darüber, ob die Urlauber - wie bislang - die Tests kostenfrei vornehmen lassen können, oder ob sie nicht doch dafür bezahlen müssen. So sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) der Zeitung Bild am Sonntag: "Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen sich an den Kosten für die Corona-Tests mindestens beteiligen müssen." Ähnlich argumentierte der Innenexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle. Er sagte derselben Zeitung: "Wer jetzt noch nach Mallorca oder in andere Risikogebiete reist, sollte seinen Corona-Test selbst zahlen müssen.

Minister Spahn sieht das anders: "Die Corona-Tests müssen kostenlos bleiben." Ob sich jemand testen lasse, dürfe keine Frage des Geldbeutels sein. Einem Test, der etwas koste, versuche man zu entkommen. Das zeigt, wie sehr die Bundesregierung besorgt ist, gerade die Rückkehrer aus dem Urlaub könnten die Infektionszahlen wieder steigen lassen. Momentan bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen die Tests aus ihren Rücklagen, aber die Kosten sollen vom Bund ersetzt werden.

Deutschland | Flughafen Tegel in Berlin
Veli Ulusu reiste aus Istanbul einBild: DW/V. Witting

Am Flughafen in Tegel ist die Meinung ziemlich eindeutig: Gefragt was sie über die Debatte denken, dass Reisende aus Risikogebieten den Test selbst zahlen sollten, meint Avinoam Shalem: "Keine gute Idee, das Gratisangebot sollte bleiben." Dieser Ansicht ist auch Veli Ulusu. Er kommt gerade aus Istanbul zurück und wird in Tegel von seinem Sohn abgeholt: "Es ist vor allem für Familien, die viele Kinder haben, einfach zu teuer. Der Test sollte gratis bleiben", meint Ulusu. Er selbst muss nicht mehr zum Covid-Test. Er zeigt der DW ein Schreiben des türkischen Gesundheitsministeriums. Schwarz auf weiß steht dort: Test Results: NEGATIVE.

Spanien ist Risikogebiet - nur die Kanaren nicht

Besonders brisant wird die Frage der verpflichtenden Tests durch eine Entscheidung vom vergangenen Freitag. Da hatte die Bundesregierung die bis dahin nur für einige spanische Regionen geltende Reisewarnung auf das gesamte spanische Festland und auch auf die Balearen mit der bei den Deutschen besonders beliebten Ferieninsel Mallorca ausgedehnt. Ausgenommen von der Reisewarnung sind nur die Kanarischen Inseln. Eine solche Warnung bedeutet kein Verbot, allerdings können Pauschaltouristen eine kostenlose Kündigung des Reisevertrages verlangen, was erfahrungsgemäß sehr viele Urlauber tun. Und wer jetzt aus Spanien heimkommt, muss sich testen lassen, was den Druck auf die Teststationen an den Flughäfen weiter erhöht.